motorRedaktion und motorFoto bieten Texte und Bilder zu Mobilitätsthemen aus einer Hand. Hier finden Sie Beispiele aktueller Artikel und Fotoreportagen. Als Motorjournalist sind wir im Verband der Motorjournalisten e.V. organisiert.
Die Welt ist nicht genug
75 Jahre Land Rover Defender
In James Bond Streifen hat er meist einen festen Startplatz auf der Besetzungscouch. Ob in „Der Hauch des Todes“ oder „Die Welt ist nicht genug“ – Ob Bösewicht oder Held – Im Alukleid des smarten Briten ist einfach jeder gut angezogen. Auch Lara Croft konnte sich in „Tomb Raider“ auf ihren geländegängigen Partner verlassen und heizte im 110er Defender durch den Dschungel. Sir David Attenborough ging in ihm auf seine filmischen Naturabenteuer und selbst Queen Elizabeth – Gott hab sie seelig – pflegte eine lange und innige Beziehung zum Urgestein der Allradtechnik. Allerdings hätten andere Fahrzeuge wohl kaum zu ihr gepasst. Die Queen im Jeep? Das wäre mindestens so obszön wie Cuba Libre statt Gin Tonic auf Balmoral Castle.
Text Ulf Schulz / Veröffentlicht in Classic Trader Magazin 6/2023
Beziehungskiste
Auf den Spuren der Geschichte eines patinierten Chevrolet Universal AD von 1930, wird die Suche vom Brandenburgischen bis nach Kanada zur Weltreise und verbindet ganze Generationen durch die Liebe zu einem außergewöhnlichen Automobil.
Der heilige Gral, mein erster Vorkriegs-Oldtimer, entpuppte sich als seelenlose Blechbüchse ohne nennenswerte Vergangenheit. Auf dem Fahrgestell eines 1935er Austin Seven thronte eine unwürdig nachgeformte Alu-Karosse im Ulster-Stil. Aber so sehr ich es mir auch wünschte, ich wurde nicht warm. Dass, was ich wollte war gelebte Geschichte, Charakter, Seele und am Ende Liebe. Rastlos suchte ich ein neues Abenteuer, bis mir dieses eines morgens digital auf einem Anzeigenportal zum morgendlichen Kaffee serviert wird. „Chevrolet Universal AD, 6-Zylinder, toller Originalzustand!“, so die Überschrift der Annonce. Ein klassischer „Two-Door“ Wagen der Ford Modell A Ära, den ich in meiner Suche nicht unbedingt im Visier habe. Doch die schnörkellosen Bilder verraten eine vielversprechende Patina... Weiter geht es im Heft - Hier im Oldtimer Markt Shop kaufen!
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht in Oldtimer Markt Edition Motorist 2022
Architek-Tour
Das Bauhaus katapultiert die Welt Anfang des vergangenen Jahrhunderts in die Moderne. Auf der Suche nach zeitlosem Design wird ein 7er BMW der Endachtziger zur Zeitkapsel zwischen Weimar und Dessau.
Zugegeben, eine Oberklasse-Limousine vermag man auf den ersten Blick nicht zwangsläufig mit den emanzipierten Ideen des Bauhauses verbinden. Ist der Ansatz der wohl prägendsten Designrevolution Anfang des vergangenen Jahrhunderts, die Demokratisierung des Designs, steht ein BMW der 7er Baureihe eher für das elitäre Prestige der Oberschicht. Das Auto der Bauhäusler wäre mit Sicherheit eher ein VW Golf der ersten Generation. Weg von den runden Formen der 1960er Jahre, drücken die Stahlpressen in Wolfsburg ab 1974 Giorgetto Giugiaros klare Linien und Kanten in das Blech des klassenlosen Shooting Stars. Kostengünstig in der Produktion, funktional in der Anwendung, reduziert auf das Wesentliche, dabei effizient und von guter Qualität – Mit diesen Maßstäben läutet Volkswagen 55 Jahre nach Entstehung des Bauhauses die Moderne des sozialen Automobilbaus ein... Weiter geht es im Heft - Hier im Oldtimer Markt Shop kaufen!
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht in Oldtimer Markt Edition Reisen 2022
Reise zum Ende der Welt
Die Bretagne könnte einem Märchenbuch entsprungen sein. Alles beginnt vor Jahrmillionen. Die Kraft des rauen Atlantiks, die trotzende Erde – Gegensatz und Symbiose. Tief eingeschnittene Buchten, traumhafte Sandstrände – dazwischen kleine Städte und faszinierende Geschichten.
Was klingt wie der Titel eines Jules-Verne- Abenteuers ist der Name, den die alten Römer der Bretagne gaben. Das Finistère
behauptet das westlichste, kontinentale Départe- ment Frankreichs zu sein. Erinnert man sich an die ein oder andere Lateinstunde, erkennt man in dem Wort „Finis“ recht schnell das Ende und in „Terrae“ die Erde. Die Bretonen sahen das gemäß ihrem Standpunkt natürlich gänzlich anders – nannten sie ihre Heimat „Penn-ar-Bed“ – was genau das Ge- genteil und eher „Anfang der Welt“ bedeutet.
In diesem Zweispalt beladen wir unser eigenes „U-Boot“ mit Proviant und gehen auf Entdecker- kurs. Unsere Nautilus hat mit Jules Vernes Vorstel- lungen wenig gemein – war sein Unterseeboot ele- gant und zigarrenförmig, gleicht unser VW LT aus 1984 mit Reimo-Werksausbau eher einer sperrigen Schrankwand... Weiter geht es im Heft - Hier im Oldtimer Markt Shop kaufen!
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht in Oldtimer Markt Edition Reisen 2021
Krafthand Technikmagazin
In loser Reihenfolge erscheinen meine Artikel, die ich für die GTÜ schreibe, im Krafthand-Magazin. Kurioses, Seltenes oder ganz Alltägliches - Wichtig ist, der Funke der Faszination muss beim Lesen überspringen. So schafft man Begeisterung für das Automobile Kulturgut von gestern.
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Vier Flossen für ein Halleluja
Als ich die Startnummer 617 das erste Mal auf alten Bildern einer „großen Heckflosse“ sah, war´s eigentlich schon passiert. Ich wollte eine Hommage auf die Straße bringen, die die Helden und Heldinnen von 1964 ehrt und an die furiosen Siege von Mercedes auf der härtesten Rallye der Welt erinnert. Mit der sogenannten „Heckflossen“ Baureihe setzte Mercedes Akzente – wohl nie vorher und auch danach ließen sich die Designer aus Untertürkheim so von der Mode verleiten und verpassten der Baureihe die Designelemente der großen Amerikaner der Zeit. Die typischen Heckflossen, die man schwäbisch relativierend allerdings zu Peilstegen erklärte, waren ebenso auffällig wie der verchromte Zierrat oder die Rückleuchten, die aussahen wie elegante italienische Brillen. Ein bisschen Amerika, ein wenig Italia – die Baureihe W110,111 und 112 kommt so schmuck und elegant daher, dass man heut kaum darauf kommen würde, diese Wagen als Rennautos auf staubigen Pisten in Südamerika einzusetzen. Aber genau das Tat Mercedes ab Anfang der Sechziger und prägte mit den großen Tourenwagen das Bild dieser Ära.
Auf Anfang. Mit einem Mercedes-Benz 220 SE gehen 1961 Walter Schock und Manfred Schiek an den Start der „Gran Premio Internacional de Turismo Super Nafta YPF“ und bringen den Sieg nach Stuttgart. Für richtig viel Wirbel sorgen schon im Jahr darauf zwei Damen. Ewy Rosqvist und Ursula Wirth erringen nicht nur den Gesamtsieg auf ihrer 220er Limousine, sie gewinnen auch noch jede der sechs Etappen. Sensation!
Weil alle guten Dinge drei sind, gewinnt das Team Böhringer und Kaiser in 1963 natürlich gleich wieder, nun aber in einem 300 SE. Mit über 210 PS lernt der Sechszylinder in Argentinien fliegen und die Mercedes Rennabteilung bereitet sich mit Einspritzanlagen und Zusatztanks auf einen erneuten Wettkampf in 1964 vor. Zum Großen Straßenpreis von Argentinien gehen insgesamt vier Fahrzeuge aus Stuttgart an den Start. Jedes hellblau lackiert und mit einem weißen Dach versehen, sitzen Dieter Glemser und Martin Braungart in der Startnummer 605, Hans Herrmann und Manfred Schiek in der 607, Ewy Baronin von Korff-Rosqvist und Eva-Maria Falk in der Nummer 609 und Eugen Böhringer sowie Klaus Kaiser fahren im Auto mit der Nummer 617. Sechs Etappen und über 4.700km liegen vor unseren acht Protagonisten auf der nunmehr achten Ausgabe der Rallye und mit ihnen stehen 264 andere Fahrzeuge am Start – bereits nach der ersten Etappe gelten die allerdings als deklassiert und die vier Sternenfahrer liegen an der Spitze – das Böhringer mit 181km/h Durchschnittstempo auch diesen Rekord knackt, ist fast schon Nebensache. Die Wagen laufen wie Uhrwerke, lassen Geröllpisten hinter sich, überqueren Gebirgspässe, ziehen auf den staubigen Straßen lange Dunstfahnen hinter sich her. In der sechsten Etappe die das Ziel in Buenos Aires verspricht – Schockmoment – Hans Herrmann und Manfred Schieck fallen aus – die nunmehr glorreichen Drei fahren aber ungetrübt und souverän der argentinischen Sonne und der erlösenden Ziellinie entgegen und so passiert der Wagen mit der Nummer 617 diese mit einem Streckendurchschnitt von 138km/h dicht gefolgt vom Wagen des Youngster Dieter Glemser und der auf Position drei liegenden 609 mit Ewy Rosqvist.
Gänsehaut pur – selbst heut, 56 Jahre danach. Auch wenn „nur“ eine kleine Heckflosse mit 95 PS - so riecht es doch beim Einsteigen immer ein bisschen nach großer Geschichte die die Leute nur zu gern hören, fragen sie einen an der Tankstelle nach der Bedeutung des bunten Hundes. Will man der Geschichte noch etwas näher kommen, findet sich im Mercedes Museum ein detaillierter Nachbau, der an die großen Rennwagen von damals erinnert und auch Hans Herrmann wird ob seiner 92 Jahre noch einen argentinischen Tango trällern können.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf Classic Trader Magazin und Oldtimerapp.de
Schwetzingen für die Seele
Schauen sich Menschen in 20 Jahren Bilder der 16. ASC-Classic- Gala-Schwetzingen an, könnte der Eindruck entstehen, die Leute hatten panische Angst vor Automobilen und deren Verbrennungsrückständen. Nie zuvor in der Geschichte wird man Bilder von adrett gekleideten Damen und Herren finden, die vor einem Jaguar SS1 mit Mund-Nasen-Schutz stehen und ihn gerade zum Concours-Gewinner küren.
Was Johannes Hübner und sein Team am vergangenen Wochenende auf die Beine gestellt haben, war mehr als eine Schau historischer Automobile – es war pures Glück und Balsam für die Corona-geschundene Seele. Bietet der Schlosspark Schwetzingen und seine Umgebung schon die perfekte Filmkulisse, arrangierte Ober-Requisiteur Hübner 160 Fahrzeuge, von denen jedes nicht nur eine eigene Geschichte erzählen konnte, sondern zu einer Diversität beitrug, die bunter und farbenfroher nicht sein konnte.
Durchatmen der Seele
Das Wochenende war angerichtet und so wurde die Gala Freitag abends mit funkelndem Feuerwerk, deftigem Barbecue und warmen Worten von Hübner eröffnet. Die Oldtimer-Szene atmete spürbar durch und es lag überall ein Gefühl in der Luft als hätte man seine Familie Jahre nicht mehr gesehen. Es wurde gelacht, erzählt, gestaunt, kurzum – es menschelte und diese Wärme in den Herzen sollte das ganze Wochenende in Schwetzingen zu Gast bleiben.
Der Samstag starte mit den zwei Takten des Grade Rennwagen von 1921 – allein der „Zebra-Look“ zog neugierig alle Blicke auf sich – der Sound des Zweizylinders allerdings, weckte auch die letzte Schlafmütze in Schwetzingen und die Leute klatschen Beifall. Daneben dampfte und zischte es und Stefan Mohr machte sein Stanley 735D Steamcar von 1919 fahrtauglich. „Wo er 100 Liter Wasser herbekommt?“, fragte er mich und so gingen wir gemeinsam auf eine Reise, bei der man lernte, dass es schwieriger ist 100 Liter Wasser als Sprit zu bekommen.
Vom kleinsten Teilnehmer, einem Brütsch Zwerg Prototyp aus 1955 über einen ein stolzen Targa Florio Mercedes 28/95 PS von 22, dem ersten Pininfarina Alfa oder der unglaublichen Talbot-Sammlung am Eingang - ob ein perfekt restaurierter Rometsch Beeskow, ein Gutbrod Superior oder Bristol 412 aus 78 der sein Reserverad unter dem Kotflügel trägt – wer sich in Schwetzigen nicht verliebte, kann kein Herz im Leib haben.
Für den Mut und die Arbeit in diesen Tagen solch eine Veranstaltung zu stemmen, gehört dem Team um Johannes Hübner sowie seinen Partnern und Sponsoren großen Respekt gezollt und Dank ausgesprochen – mit einem gut umgesetzten Hygienekonzept zeigten sie doch, dass es Lichtblicke gibt und alte Autos und ihre Freunde lang nicht von gestern sind.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf Classic Trader Magazin und Oldtimerapp.de
"Zu Besuch bei Ruch"
Die DTM Story der Brüder Ruch und ihren Mustangs, erschienen im WALTER Magazin, Ausgabe 3/20.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz
Der Vater aller
Herrenbeschleuniger
Als Defender-Fahrer lernst du recht schnell, dass es nur zwei Meinungen zum Ur-Land Rover gibt – entweder du liebst ihn oder du hasst ihn – dazwischen gibt’s nichts! Zumindest sind das die Urteile derjenigen, die einen Landy einmal länger als bis zum nächsten Supermarkt bewegt haben. Den meisten kommt er doch zu spartanisch und zu unkomfortabel daher, gerade auf längeren Strecken. Genau das sah Rover 1966 recht ähnlich und konstruierte ein zweites, gediegeneres Gefährt neben dem Spartaner. Um einen Leiterrahmen herum gab man der Zutatenliste ein paar Starachsen mit Schraubenfedern sowie einen permanenten Allradantrieb mit sperrbarem Mittendifferential und befeuerte die Fuhre mit einem 3,5 Liter Leichtmetall-V8 und 135 PS von Buick. Der Range Rover war geboren. Am 17. Juni 1970 rollte der Urvater der SUV´s vom Band und veränderte die motorisierte Welt nachhaltig. Nach nur 3 Jahren Konstruktionszeit stellte das vierköpfige Team mit Mr. Land Rover persönlich, Roger Crathorne und unter der Leitung von Charles Spencer King einen Wagen auf die Beine, dessen Karosserie auf große Fensterflächen, gerade Linien und eine zweigeteilte Heckklappe setzte. Letzteres war ein adaptiertes Stilmittel welches man sich vom Jeep Wagoneer absah, hatte man doch den amerikanischen Markt fest im Absatz-Blick. Unter dem Decknamen „Velar“, was soviel wie „verschleiert“ bedeutet, fuhr der Range schon bald seine ersten Testrunden durch den Sand der Sahara, die er später nochmals wiedersehen sollte.
Bis 1981 gab es den Herrenbeschleuniger lediglich mit zwei Türen. Nun unter British Leyland Flagge fahrend, waren für die Entwicklung eines Fünftürers keine finanziellen Mittel vorhanden und man beauftragte kurzerhand Peter Monteverdi in der Schweiz. Es entstanden 167 Range Rover Monteverdi bevor man die Produktion unter die eigenen Fittiche nahm. Auch ein Automatikgetriebe ließ sich nun ordern und verhalf dem Wagen zum Komfortgewinn. Schaut man heut in den Innenraum der ersten Baujahre, mag man den Luxus, mit dem sich der Range über die Jahre aufgeladen hat, suchen. Und dennoch, für damalige Verhältnisse und erst recht im Vergleich zur Land Rover Serie, bot der Range puren Komfort für einen Geländewagen. Dabei blieb er immer ehrlich und echt – das Wort Geländewagen war damals noch ein Versprechen und nicht nur Synonym einer Fahrzeugklasse, die mit dem Begriff Sport Utility Vehicles, höhergelegte und mit breiten Plastikabdeckungen verzierte Abenteuer suggeriert.
Auf echte Abenteuer konnte sich der Range selbstbewusst einlassen und so gewann er 1979 die erste aller Paris-Dakar Rallyes und zeigte mit Schirm, Charme und Stil was der Engländer aus Solihull auf der Pfanne hatte.
Nach diversen Detailverbesserungen und Sondermodellen wie dem berühmten „Vogue“ waren 26 Jahre später ganze 326.070 Einheiten produziert und die erste Generation des Range ging im Februar 1996 in den Ruhestand - im Vergleich zum Defender mit nur einer Meinung seiner Fahrer…
Die Fotolocation - Der alte Schlachthof Worms wurde 1912 als moderner Großschlachtbetrieb eröffnet und bis in die 1970er Jahre betrieben. Schlachthof war gestern – Heimat für Geschmack ist morgen. Mit dem Matadero – Alter Schlachthof Worms Konzept ziehen alte Werte, echtes Handwerk und regionale Manufakturen mit moderner Lebensart in das denkmalgeschützte Ensemble am Rhein – Werte, für die ohne jeden Zweifel auch unser Classic Range aus Baujahr 94 steht.
www.matadero.de
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf Oldtimerapp.de
La liberté en méhari
Im Hochgefühl der Freiheit kullerte ich vor ein paar Wochen mit meinem alten Camper langsam aber zielsicher an die bretonische Küste. Der raue Atlantik, die bunten Hortensien, Galettes und Cidre – Savoir-vivre in Reinkultur. Und plötzlich hüpfte mein Herz in die Luft, mein Pulsschlag erhöhte seine Taktfrequenz und ich hatte nur noch Augen für ein kleines, eher an ein Zelt als ein Auto erinnerndes Gefährt, welches sich seinen Namen von einem Renndromedar auslieh.
Das Geschöpf der Begierde war kein Geringeres als ein Citroën Mehari. Von Nizza über Saint-Tropez oder Biarritz bis hoch in die Bretagne – der kleine Luftikus fehlt im Prinzip an keiner französischen Küste und macht diese gefühlt erst so richtig vollständig.
1968 rollten nach einer Vorserie in 1967 die ersten Mehari vom Band. Aufgebaut auf einem Dyane 6 Fahrgestell, erhielten die munteren Flitzer eine Kunststoffkarosse aus ABS, die deutschen Zulassungsbehörden derart brandgefährlich daherkam, dass sie ihm das Einreise-Visa verweigerten und der Mehari deshalb offiziell nie im Teutonenreich angeboten wurde. Über Einzelabnahmen gelangten dann doch einige Fahrzeuge nach Deutschland - an den Küsten unserer heimischen Meere wurde er aber dennoch kein oft gesehener Badegast. Auch wenn seine zeltartige Dachkonstruktion auf den ersten Blick die Nutzbarkeit bei Schietwetter propagieren mag – ob mit oder ohne Verdeck – man wird nass und das auch noch in aller Seelenruh. Mit seinem luftgekühlten 602 Kubikzentimeter Zweizylinder Herzen erfuhr der Mehrai Lenker die 555kg leichte Fuhre mit ganzen 28 PS – ein Jahr nach Vorstellung fanden das selbst Citroën Ingenieure für zu entschleunigend und steigerten die Leistung auf ganze 28,5 PS – die nächste Leistungskur sollte dann 10 Jahre auf sich warten lassen, brachte aber zur Freude der Fans von Pferdestärken satte 29 PS an die Räder. Es soll Leute geben die ihm seine Höchstgeschwindigkeit von 110 Km/h entlocken konnten – das benötigt aber einen derart großen Anlauf und Zeit, dass ich keinem begegnet bin, der davon leibhaftig erzählt. Ironie bei Seite – um Geschwindigkeit ging des dem Mehari nie – er wollte ein kleiner, günstiger Alleskönner sein der dem bretonischen Fischer genauso tatkräftig und zuverlässig zur Seite stand, wie dem Weinbauern im Bordeaux oder – ja sogar als Allradler dem französischen Militär. Letztgenannter erhielt dann auch den stärkeren Motor des Visa. In 1980 trauten sich sogar 10 Allrad Meharis an die Paris Dakar – als medizinische Begleitfahrzeuge schafften es alle 10 ins Ziel, was nicht jeder Teilnehmer von sich behaupten konnte.
Ein Mehari erinnert vielmehr an den Spaß beim Fahren und das ist es, was das bunte Dromedar ausmacht. Knapp 20 Jahre benötigte Citroën um knapp 145.000 Fahrzeuge zu verkaufen und heut schaut man sich ganz schön um, wenn man einen sein Eigen nennen möchte. Die Preise steigen und mit deutscher Zulassung ist das Angebot mehr als überschaubar. Dann wohl doch lieber wieder bis zum nächsten Urlaub warten und träumen, wenn man den sympathischen Franzosen an den Küsten dieser Welt wiedertrifft. Au revoir…
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Hinter den sieben Bergen
Es war einmal, hinter den sieben Bergen, bei den… so ähnlich hätten wohl die Brüder Grimm begonnen, hätten sie für ihre Hausmärchen der Garage hinter dem Siebengebirge bei Bonn einen Besuch abgestattet, von der diese Erzählung handelt. Direkt hinter dem Oelberg, dem größten der Sieben, in Königswinter, mieteten sich unsere sechs Protagonisten 2013 eine kleine Halle um wie viele von uns, der Leidenschaft zu frönen, die sie verbindet – altes Blech eben. Und so unterschiedlich jeder einzelne von ihnen ist, so sehr finden sie genau in dieser Leidenschaft ihren möglich größten, kleinsten Nenner.
Wie bei richtigen Zwergen, hat jeder einen Spitznamen und Stefan eröffnet den Reigen der illustren Vorstellungsrunde.
In der Garage nennen ihn alle Daisy. Im wahren Leben Sachverständiger, könnte seine Sammlung an rollendem Kulturgut bunter kaum sein. Prunkstück, ein 911er Porsche mit werksseitig montierter Theke. Dem Boxer treu folgend, gesellte sich noch ein Buggy für das echte „Wild Life“ dazu und kürzlich fand eine bezaubernd jungfräuliche Garelli aus 1976 den Weg zu ihm. So schräg die Combo sein mag, so gewissenhaft ist Stefan, wenn es um eben diese oder seinen Job geht.
Craz – alias Christian kommt da wesentlich chaotischer daher – der Dauercamper der Seilschaft hat es sich mit seinem luftgekühlten T3 in der Werkstatt gemütlich gemacht und damit keiner auf die Idee kommt, das alles soll ein schnelles Ende finden, hat er sich seine Ziele eher weiter gesteckt. „Bis zur Rente soll das Ding fertig sein“ meint er, dass er bis dahin noch eine Weile Zeit hat ist ihm ebenso bewusst wie das sein Bus aktuell eher einem luftigen „monoposto leggera“ gleicht.
Der dritte im Bunde ist Turbo Niels und er repräsentiert das Land der aufgehenden Sonne hinterm Oelberg. Sein 2,7l Nissan Pick Up King Cab oder kürzer M21 ist der einzige Selbstzünder der Runde und erfreut sich stetigem Motorentuning – ehrgeiziges Projekt - ein 3,2l Vierzylinder Diesel mit Garrett Turbolader den er extra aus England besorgt hat, soll ihn und Werkstatthund Mr. Jones bald auf den Abenteuern zwischen hier und Nippon anfeuern.
Kai oder der Meister, ist sowas wie der Oberzwerg der Truppe – als KFZ Meister und Oldtimerexperte juriert er schon mal Concours wie die Masterpieces auf Schloss Dyck, begleitet Rennteams auf der Panamericana in Mexico oder ist auf historischen Rennveranstaltungen mit namhaften Rennstrecken im Einsatz – „geht nicht, gibt’s nicht“ und so muss er auch in der Halle bei jedem Wehwehchen helfen wenn es mal klemmt. Das Liebe zum Detail seine Passion ist, erkennt man an seinem Buggy. Wie aus dem Ei gepellt steht der neben seinem anderen Projekt, einem Iltis. Der wiederum darf sich freuen das er an Kai geraten ist.
Tim, der englische Patient, ist ein Freund guter Laute, spielt Gitarre, raucht Pfeife und steht eben auf Engländer. Was gibt’s da Besseres als ein MGB?! Klassisch, englisch, smart und simpel im Detail, das ist das was Tim sucht und im MGB findet.
Die sechse macht MiPi vollständig – bürgerlich Michael hat er das Gespür für die Klassiker von morgen wobei sein Opel Commodore bereits einer ist. Die 2,5l Hubraum verteilen sich auf seidige 6 Zylinder und bekommen ihr benzinhaltiges Gemisch eingespritzt. In goldener Farbe, mit Wackeldackel auf der Hutablage bringt ihn und sein Como so schnell nichts aus der Ruhe, außer… ein roter Alfa Spider der Baureihe 916 – richtig, der mit den vier runden Einzelscheinwerfern. „Der kommt“, da ist er sich sicher und das mag man sogar glauben wollen, bei dem Xantia den er sich weggestellt hat ist man da vielleicht weniger überzeugt.
So unterschiedlich auch alle ticken – die selbsternannte Selbsthilfegruppe trifft sich jeden Freitag und auch wenn sich alle seit ihrer Jugend kennen, gibt es Regeln. Zwar verzichten sie auf den Mitarbeiter des Monats, den Job des Hallenwartes gibt’s aber sehr wohl und der hat monatlich gewählt schlicht für Ordnung zu sorgen. Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und wenig Raum für überzogene Egos – das ist das Klima in der diese Truppe funktioniert und ich gebe immer wieder gern, wenigstens einmal im Jahr den siebten Aushilfszwerg wenn ich die feinen Gentlemen und ihre Garage hinter den sieben Bergen besuche.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Das war die Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt
2020
Am vergangenen Sonntag standen um 14 Uhr die ersten Oldtimer ungeduldig auf dem Olympischen Platz in Berlin – sie konnten den Start der Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt anlässlich des Geburtstages der in 2019 verstorbenen, schraubenden und weltumfahrenden Berlinerin kaum erwarten. Man spürte förmlich das Knistern der Corona bedingten Abstinenz von Oldtimertreffen und Ausfahrten und so begann ein erleichtert aufatmender Nachmittag bei blauem Himmel und Sonnenschein in Berlin.
Um 15 Uhr, dem eigentlichen Beginn des Benefiz-Treffens, wartete eine lange Blechschlange vor dem Anmeldetisch – das obligatorische Fähnchen mit Heidis Konterfei, der Sticker und eine kleine Erfrischung wurden gegen eine Spende für die Aktion Augenlicht getauscht und dann stand dem Einparken nichts mehr im Weg. Auf dem Platz vor dem Olympiastadion herrschte reges Treiben – mit Abstand natürlich aber nicht minder fröhlich wurde gefachsimpelt, übers Leben philosophiert oder einfach nur Autos und Motorräder bestaunt. Und diese waren so bunt wie ein Treffen nicht schöner sein konnte – Stoffhunde, also Kübel Trabis aus DDR Armeebeständen standen neben einer Armada von Opel GTs welche fröhlich mit ihren Schwenkscheinwerfern blinzelten, Buggys und deren Ahnen, den wundervollen Käfern neben Heavy Metal aus Amerika im Straßenkreuzer Look bis hin zu Vorkriegern wie dem ältesten Teilnehmer – einem Citroen 5HP von 1925 oder fernöstlichen Youngtimern aus dem Land der aufgehenden Sonne. Munter gemischt mit Zweirädrigem wie einer Viktoria KR6 aus 1927, dem ältesten Motorrad auf dem Platz, heißen Cafe Racern von BMW oder Yamaha und gutem englischen Stoff von Triumph oder BSA fanden sich Zweirad- und Vierradtreiber in fast schon seltsam wundervollem Einklang.
Nachdem Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann ein paar begrüßende Worte an Heidis Jünger richtete, ging es auch direkt los. Anführer der über 140 Fahrzeuge zählenden Blechkolonne war niemand geringeres als die „Pink Lady“, Heidis Toyota Land Cruiser der ihr letzter Begleiter in Afrika war, bevor sie Ostern 2019 wieder nach Berlin kam. Am Volant eine gerührte Marla, der Tochter von Heidi, die mit Bürgermeister und Stolz beladen das Feld anführte. Im 10 Sekunden Takt wurde gestartet und ein extra organisierter Oldtimerbus ohne Dach, ging mit sehbehinderten Menschen der Aktion Augenlicht auf die Tour, denn Geld ist bekanntlich nicht alles. An Heidis altem Autohaus ging die 53km lange Tour hinaus über die AVUS, vorbei an der Spinnerbrücke über die Glienicker Brücke ins schöne Potsdam welches mit Sanssouci eine atemberaubende Kulisse aufbot. Vorbei an tiefroten Mohnfeldern führte der Weg schließlich wieder zum Olympiastadion zurück. Wie in Kinderaugen schaute man in die überglücklichen Gesichter der Teilnehmer als es zur Belohnung noch ein kühles Eis gab, bevor dann im Autokino ein heißer 70er Jahre Streifen über die Leinwand jagte. Traumpärchen „Bandit“ alias Burt Reynolds - und sein „Frosch“ alias Sally Fields, ließen es im Pontiac Firebird über die Highways krachen auf der Flucht vor dem ehrgeizigen Sheriff Buford T. Justice während Cledus, der „Schneemann“ im Kenworth 400 Kisten Bier sicher ans Ziel brachte – natürlich nicht ohne Gottfried, dem lauffaulen Basset. Erinnerungen wurden lebendig und genau darum geht es bei der Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt. Erinnern an einen Menschen, der dadurch irgendwie lebendig bleibt. Heidi hätte es gefallen…
Text Ulf Schulz / Fotos Vivian J. Rheinheimer
Heiß, heißer... Built not Bought
31 Grad Celsius, kein Schatten weit und breit… flimmernd steht die Hitze über dem Asphalt des Spreewaldrings, 50km vor den Toren Berlins. Ich komme mir vor wie ein Junkie auf Entzug… gefühlt ist es Jahre her, seit ich das letzte Mal verbranntes Benzin in der Nase hatte. Die Corona Zeit, wann ging das eigentlich nochmal los? Egal! Alle Sinnesorgane sind hellwach… Boxengasse – Aufstellung, irgendwo jault intervallartig ein Zweitakter auf, im Fahrerlager wildes Geschraube, auf der Strecke ziehen gerade die Gespanne an der Boxenmauer entlang und setzen atemberaubend zur ersten Rechtskurve an. Plötzlich sind wir mittendrin – in Built not Bought 2020, dem Motorradspektakel für alle Sinne. Das sympathische Veranstalterpärchen Fatma und Michael Fischer trotzte Covid und setzte alle Hebel in Bewegung. „Kein leichtes Unterfangen“ erzählt Micha, zwar muss das Event, das in 2015 erstmalig an den Start ging, in diesem Jahr ohne Zuschauer auskommen, gefahren wurde dennoch und so gingen 140 Motorräder samt ihren Treibern an den Start und suchten auf der 2,7km langen Strecke nach dem God of Speed.
Built not Bought ist, wie der Name schon sagt, nicht irgendeine Motorradrennveranstaltung für Möchtegernrennfahrer – hier geht es um mehr, um echte Leidenschaft und eben um selbstgeschraubte und nicht einfach gekaufte Maschinen. Und die sind so divers wie das Leben. Ob historische Legenden, Budget-Racer, Custom-Bikes oder klassische Straßenmaschinen, dazu die wilde Mischung der Gespanne - die Hochseilartisten der Rennstrecke. Der Atem stockt, wenn der Beifahrer seinen Kopf vor der nahenden Kurve wagemutig 3cm über den Asphalt hängt um nach der Kurve auf zwei Rädern das Fliegen zu lernen. In den anderen Klassen geht es aber keineswegs langweiliger zu – allein die Namen lassen die Endorphine tanzen. Im „Trackoiler Race“ werden Vorkriegsmaschinen, Starrrahmen und Handschalter an den Start gebracht, beim „Battle of Twins“ duellieren sich Zweiventiler Guzzis, Ducatis, BMWs oder Harleys und im „Cafe Racer Gold Cup“ passt alles rein, was mit Stummel und Höcker auf die Welt gekommen ist. Bunte Mischung und Nervenkitzel garantiert.
Im Fahrerlager geht es dagegen lässig, entspannt zu, auch wenn die Hitze an die Substanz geht. Lederkombis, die zum Trocknen aufgehängt sind, halbnackte Schraubergötter die an ihren Maschinen schrauben und dabei über das Leben oder den besten Sprit philosophieren – ganz ohne Schranken im Kopf. Genau das ist der Verdichtungstakt von Built not Bought - in 2021 sicher auch wieder mit Zuschauern.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt 2020
Vergangenes Jahr, Ostermontag - die Nachricht – Heidi lebt nicht mehr – ich konnte es nicht glauben – das konnte nicht sein. Die kleine Frau ist einmal um die Welt gefahren, kam gerade von einem Afrika Trip über Ostern nach Berlin, die kann doch nicht einfach… Doch, sie konnte. Klammheimlich hat sie sich auf ihre letzte Reise gemacht. Auf und davon.
Viele Leute kannten Heidi und Heidi kannte viele Leute und so haben auch wir uns über… na was wohl… Autos kennengelernt – auf einem Autohaus-Richtfest – langweilig war´s und Heidi sah mich in meiner Panamericana Jacke, die ich aus Mexico mitgebracht hatte. Ich gewann an diesem Abend eine Freundin, wir wichen uns nicht mehr von der Seite – was uns verband, unsere direkte Berliner Art, das Herz auf der Zunge und „Geht nicht, gibt’s nicht“.
Gedanken und Erinnerungen die mich auch am 9. Mai zur Gedenkfeier in der Gedächtniskirche begleiteten. Es war eine gute Gedenkfeier, denn ich konnte für mich Abschied nehmen – die Rede der Pastorin traf Heidi, wie der sprichwörtliche Nagel den Kopf und alle mussten grinsen, wenn der ein oder andere aus ihrem Leben erzählte – erwischt dachte man sich oft. Aber eines fehlte. Autos – kein Korso, kein Hudo - ihr Weltumrunder, kein Knattern, nichts.
Aus der Kirche raus fasste ich mit zwei Mitstreitern den Plan – da muss was passieren und so organisierten wir Hals über Kopf die erste Heidi-Hetzer-Gedenkfahrt. Natürlich an ihrem Geburtstag am 20. Juni – den kann man schließlich feiern und weil die Halbwertzeit der kollektiven Erinnerungen abgenommen hat, dachten wir, das müssen wir jährlich machen. Viel zu schnell verblassen solche Menschen und dabei sind echte Originale heut selten geworden.
Mit dem Startplatz am Olympiastadion in Berlin erinnerten wir an die fulminante Rückkehr ihrer Weltreise und nach einer kleinen Ansprache, ging es auch schon auf die kleine Tour durch die Stadt. Nicht ohne an ihrem alten Autohaus zu winken, eine Runde um die Siegessäule zu drehen und am Brandenburger Tor abzuklatschen. Über die alte AVUS hinaus, ging es in der Loretta am Wannsee gesellig zu und jeder hatte mindestens eine Geschichte über die kleine, quirlige Frau zu erzählen. Dieses „menscheln“ hätte Heidi gefallen und so waren sich alle sicher – der Geburtstag wäre nach ihrem Gusto gewesen.
In diesem Jahr geht es Corona bedingt ins Autokino. Die Tour absagen? Hätte Heidi auch nicht gemacht und so starten wir am 21. Juni vor dem Olympiastadion wieder die Motoren, binden uns ein kleines Heidi-Fähnchen an unsere alten Autos und Motorräder und knattern für die Erinnerung eine Runde ins Grüne. Wie auch im letzten Jahr, sammeln wir dabei wieder für die gute Sache – statt Blümchen für Heidi, Geld für die Aktion Augenlicht, die sehbehinderten Menschen hilft und Freude schenkt.
„Geht nicht, gibt’s nicht!“ denke ich beinahe wöchentlich und muss mit einem Grinsen an Heidi denken, wenn ich in meiner Werkstatt vor Verzweiflung mal wieder den Hammer in die Ecke… na ihr wisst schon!
Mehr zur Tour – www.heidi-hetzer-gedenkfahrt.de
Teilnahme nur mit Anmeldung.
Text Ulf Schulz / Fotos Sven Wedemeyer / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Ene mene muh, ich mag die Gummikuh
Es ist dieser Tage nicht leicht, Zerstreuung zu finden – Klima-, Pandemie- und nun noch Rassismuskrise – gut, wenn man einfach mal abschalten kann. Das gelingt jedem auf ganz unterschiedliche Weise – mir am besten auf dem Rücken meiner Gummikuh. Hört sich im ersten Moment etwas schräg an, klar, aber bevor die Fantasie durchgeht, es ist eine BMW R80 G/S aus 1983. Und so unprätentiös sie mit mir über die Feldwege und Straßen buckelt, so wenig ist sie sich neben einer modernen 1200er GS bewusst, ein Meilenstein in der Motorradgeschichte zu sein.
Ende der 1970er Jahre kriselt es in der Motorradsparte bei BMW und der Absatz schwächelt. Neues Verkaufsgerät wird gebraucht und so entwickeln die Ingenieure in Berlin aus einer Geländemaschine einen tauglichen Weltumrunder – die BMW R80 G/S wobei das G für Gelände und das S für Straße steht. Der Boxer Motor ist Pflicht und so entsteht die erste Enduro mit mehr als einem Zylinder – nämlich zwei. Mit knapp 800 Kubik und 50 PS ist sie kein wildes Rennpferd, aber das muss sie auch gar nicht sein – halten muss sie und wenn es geht auch zwei Weltumrundungen hintereinander. Meine Maschine hat knapp 80.000 km auf dem Tacho – 2 x 40.000km – ich hoffe es reicht für eine dritte Weltfahrt aber sie gluckert nur vergnügt, saugt sich durch ihre zwei Bing Vergaser brav Hochoktaniges rein und macht manchmal einen auf Fahrstuhl. Bitte? Die Monolever Einarmschwinge, die die erste ihrer Art bei BMW war, hat zwar den Vorteil, das man in Bruchteilen von Sekunden das Hinterrad wechseln kann – beim Anfahren aber stützt sich das Federbein gegen den Rahmen und das Heck will nach oben. Ich bringe glücklicherweise genügend Ausgleichgewichte mit und der Effekt ist überschaubar. 1987 aber rüsteten die BMW Leute auf und entwickelten den Paralever, der dieses gummikuhartige Verhalten vernichtete. Die 260mm mickrige Bremsscheibe braucht dagegen einfach nur etwas Zeit um ihrer Bestimmung zu folgen, aber wer muss schon bremsen – angeblich fährt sie immerhin 170km/h. Mit 192 Kilo ist die G/S nicht gerade ein Leichtgewicht und im schweren Gelände erst recht nicht – ihre wahre Bestimmung sind aber auch eher endlose Feld- und Schotterwege. Hier fühlt sie sich wohl, lässt sich mit 200kg beladen und fährt mal eben bis nach Usbekistan und zurück – repariert werden kann sie dort im Notfall auch und das macht sie selbst heut noch so beliebt bei Weltenbummlern und Motorradreisenden. Bei ihren wohl prominentesten Trips in 1981, 83, 84 und 85 schlug sie sich mit dem Franzosen Hubert Auriol und dem Belgier Gaston Rahier zwischen Paris und Dakar soviel Wüstensand um die Räder, dass sie den Gesamtsieg holte. 1985 stürzte Rahier so schwer, dass die G/S dabei fast irreparabel war und dennoch errungen beide den Gesamtsieg. Unglaublich!!!! Wo waren wir jetzt nochmal? Ach ja, Weltkrise! Ich glaube ich drehe noch ne Runde…
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Das rote Gerät
Als Alexander 11 Jahre alt war, bekam er eine kleine Matchbox-Schachtel geschenkt. Was heut vielleicht aus der Zeit gefallen wirkt, war Anfang der 80er ziemlich normal - Jungs im Teenager-Alter spielten durchaus noch mit den kleinen, faszinierend echten Autos aus den englischen Streichholzschachteln. Ich gebe zu, das passiert mir heut noch, auf dem Schreibtisch, wenn die Muse mich gerade verlassen hat. Das der Inhalt aber Alex´ von Oktan vorbestimmtes Leben nachhaltig beeinflussen würde, konnte er damals noch nicht wissen – und umso nachvollziehbarer wird es, betrachtet man das Matchbox-Auto heute etwas genauer.
Der kleine rote Flitzer hatte zwei Türen, eine Heckklappe aus purem Glas, Kotflügelverbreiterungen, ein Targa-Dach und vor allem, und das beeindruckte schwer… Klappscheinwerfer! Auf der Haube prangte ein übergroßes Emblem mit einem Pferd – daneben – kein Ferrari Testarossa! Es war ein Porsche, aber nicht etwa aus Zuffenhausen, sondern aus Neckarsulm. Ein Porsche? Viel belächelt waren die Transaxle-Modelle, deren Motor Porsche-untypisch auf der Vorderachse und deren Getriebe getrennt vor der Hinterachse lagen. Die Baureihe 944 aber gilt nicht umsonst im Nachhinein betrachtet, als erfolgreichster Sportwagen seiner Zeit und ganz nebenbei sicherte er Porsche noch die Existenz.
Auf Basis des 924 Carrera entwickelt, sollte der 944 die Lücke zwischen dem kräftigsten 924 und dem 911 schließen. Die entwicklungsbedingt im 924 von Audi stammenden Herzen, wurden im 944 vom Start weg durch von Porsche entwickelte Motoren ersetzt und der Wagen bis hin zum 944 S2 und dem Produktionsende in 1991 konsequent im Detail verbessert.
Alex hatte nur einen Ausdruck für seine Faszination –„Der rote Gerät!“ wobei seine Artikelschwäche ein Relikt seiner Ruhrpott-Kindheit scheint. Rund 35 Jahre später überholt ihn sein Traum links in seinen Erinnerungen. Der Plan steht – Alex braucht einen 944 in groß und findet nach einigen Umwegen seinen indischroten 944 turbo aus dem vorletzten Produktionsjahr. Der durch einen KKK Lader zwangsbeatmete 2,5l Vierzylinder, leistet 250PS. Ab 1987 spendiert man dem Wagen deshalb auch einen Tacho bis 300km/h und da Träume bekanntlich nie enden, wird der Turbolader überarbeitet, die Einspritzdüsen getauscht und eine neue Software programmiert. Mit der Höchstgeschwindigkeit von 292km/h laut Tacho ist es allerdings tückisch. Bei 270km/h springt schon mal das Targa-Dach durch den Unterdruck aus den hinteren Verankerungen, sodass der schnelle Fahrer vorbaut und dieses vor Fahrtantritt öffnet. So mancher 911er Pilot aber zieht seinen Hut und wechselt seine vorschnelle Schublade zum vermeintlich „unechten“ Porsche, wenn man sich nach einem heißen Autobahnritt auf der nächsten Tanke trifft. Ist der Turbo erstmal aus seinem Keller raus im Erdgeschoss angekommen, fühlt sich das Drehzahlband an, wie ein aufgezogener Expander. Lediglich bei Regen wird es etwas schlüpfrig auf der Hinterachse, wenn die Abgase das Turbinenrad beflügeln. Das nachträglich eingebaute KW-Gewindefahrwerk allerdings hält den Wagen zu jeder Zeit wie auf Schienen und der 944 lässt sich hervorragend kontrollieren.
Dass soviel Traumauto und echter Sportwagen auch noch 2+2 Sitze hat, eine Gasthaus Wette in den 80ern bewies, dass man 12 Kisten Bier transportieren kann ohne die Vordersitze zu nutzen und Sitzheizung, Klimaanlage, elektrische Fensterheber und ein Targa-Dach zur Ausstattung gehören, klingt fast schon nach eierlegender Wollmilchsau. Und so ist aus dem „roten Gerät“ ein treuer Alltagsbegleiter geworden, den Alex nicht mehr missen möchte. Nur das rote Matchbox hat er nie mehr wieder gefunden…
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Vom Suchen und Finden der Liebe
Ich hatte ewig nichts mehr von Cosima gehört, geschweige denn sie gesehen. Cosima ist Goldschmiedin und wie die meisten der Menschen die mich umgeben, gehört ihre Seele den Dingen die eine Geschichte zu erzählen haben. Sie fährt leidenschaftlich Motorrad – durch die knackigen Kurven Berlins gern mit einer Yamaha SR500 – Dinge anzutreten ist ihre Welt. So auch ihr Weltenbummler, ein kermitgrüner Mercedes MB100. Den tritt sie zwar nicht an, aber sie schraubt sich mit Hingabe auf ihren Touren durch ganz Europa – am liebsten durch die Bretagne – das eint uns neben dem Altblech. Und plötzlich meldet sie sich frankophil und schwer verliebt. Ein Foto, ein kleines weißes Auto und eine grinsende Cosima. Ihre neue Liebe heißt „Mathilda“, kommt gebürtig aus Frankreich, trägt stolz einen goldenen Löwen auf dem Kühlergrill und ist der Bezeichnung nach, eine Peugeot 204 Limousine. Diese Liebe begann wie heut öfter, im Internet - nicht auf einer dieser Dating-Plattformen, sondern auf eBay Kleinanzeigen. Vier Monate schmachtete sie das „Petite Voiture“ von 1975 an, dann war sie angeln und der Händler bei dem der Wagen stand, um die Ecke. Solch ein Auto zu besichtigen, ist wie Hundewelpen anschauen – eigentlich weiß man was kommt. Der Händler entpuppte sich als Edelkarossendealer – schwarze Limousinen von Mercedes, BMW und Co zierten den Hof. „Hier sind wir falsch“, dachte Cosima, bis sie in der hintersten Ecke ein kleines weißes Einhorn - ihre Mathilda entdeckte. Ihre männliche bessere Hälfte, von Berufung Karosseriebauer, schwang sich unters Auto und kam mit einem breiten Grinsen wieder hervor – perfekter Unterboden. Dazu der Lack und der Innenraum in tip-top Zustand. Nur das 1,1l große und knapp 49 pferdestarke Herz des kleinen Löwen wollte nicht so recht – kein Wunder, lief es doch ein ganzes Jahr nicht mehr. Ein Benzinkanister wurde zum Ersthelfer und die defekte Benzinpumpe und ein dreckiger Vergaser schnell die Diagnose. Cosima war wie ein Kind im Zuckerschock – Mathilda wollte gerettet werden und so feilschten alle um den besten Preis wie auf einem türkischen Basar und der Peugeot hatte im Handumdrehen ein neues zu Hause. Wie bei frisch verliebten, war in den ersten Nächten an Schlaf nicht zu denken. Bis morgens um drei wurde im Internet nach Teilen gesucht, alte Fahrzeugtests und Beschreibungen verschlungen und davon geträumt wie Cosima im Peugeot 204 über die Landstraßen gleitet, während im Radio Charles Aznavour sein herzzerreißendes „Emmenez-moi“ trällert. Nimm mich, schien auch der kleine Peugeot gesagt zu haben und so fanden zwei Seelenverwandte auf einem Gebrauchtwagenplatz die große Liebe.
Text Ulf Schulz / Foto Cosima Hühnlein / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Zu Besuch bei Ruch
Im letzten August bekam ich einen Anruf… „Komm schnell vorbei – wir besichtigen einen DTM Mustang“. Mein Gehirn schaltete wie das sequentielle Getriebe eines Rennwagens – das müssen die Ruch Brüder sein! Keine halbe Stunde später stand ich mit erwartungsvollem Blick vor dem Garagentor einer Gebäudetechnikfirma irgendwo im Berliner Wedding. Als sich das Tor öffnet grinsen mich neben einem verstaubten Mustang Fox Body aus 1994, Gerd und Jürgen Ruch an – verschmitzt wie in meinen Jugenderinnerungen von der AVUS. Mit weit aufgerissenen Augen schleiche ich um das Pony – der Fox Body hat viele Fans aber mindestens ebenso viele Verächter. In der DTM Version erliegt man allerdings in Bruchteilen von Sekunden seinem Charme. 25 Jahre ist es her, dass er das letzte Mal lief – mal eben starten – ausgeschlossen – solch eine Diva will sanft und aufwendig zum Leben erweckt werden. Die Hydraulik der integrierten Wagenheber funktioniert dafür auf Anhieb und der knapp über eine Tonne schwere, leichte Wagen hebt sich mit einem Zischen von selbst in die Lüfte. Bilder einer vielleicht besten DTM aller Zeiten machen sich im Kopf selbstständig – Rückblick! 1988 stiegen die Ruch Brüder als Privatiers in die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft ein. Der Mustang, das scheinbar ideale Gefährt um die Kosten für solch ein Abenteuer ohne Werksteam überhaupt ansatzweise in machbare Dimensionen zu lenken, war erste Wahl. Den Umbau zum DTM Rennwagen erledigten die Ruch Brüder im Schweiße ihres Angesichts selbst – tagsüber Gebäudetechnik – abends bis in die Puppen DTM Technik. Und zwar vom Feinsten – vieles gab es nicht, das meiste musste selbst konstruiert werden. Man experimentierte mit Vergasern, baute schließlich eine eigene Einspritzanlage, fertigte Gfk Hauben, Bremsen, gefräste Fahrwerksteile – alles Handarbeit made by Ruch. Ergebnis des 1994er Boliden – 1.050kg mit 540PS aus knapp 5l Hubraum die sich auf 8 Zylinder verteilten – geschaltet wurde mit einem 5 Gang Getriebe – Vortrieb war also genug da – mehr sogar als bei allen anderen – Christian Danners Alfa V6 TI verfügte im Vergleich über 420PS bei 1.100kg aber die Verzögerung war die große Achillesferse. „Die Bremsen wollten eigentlich nie so recht“, grinst Gerd Ruch und so erinnern sich sicher einige, wie er auf der Gegengeraden des Noris Ring an Nicola Larinis Alfa im Top Speed vorbeizog, während der ein Gesicht wie beim Biss auf die Zitrone machte. Beim Anbremsen der nahenden Kurve setzte Larini seinen Alfa prompt wieder in die vermeintlich richtige Rangfolge. Das geschah so oft, dass es für die Ruch Brüder nur ganze vier Punkte in sieben Jahren zu holen gab. Die Lorbeeren für ihre Arbeit erhielten die Ruchs dennoch. Als Sieger der Herzen waren sie die Publikumslieblinge und Helden der DTM in einer Zeit, in der sich große Namen wie Rosberg, Stuck, Pirro, Lehto, Quester, Soper, Schneider und Co, teils mit Formel 1 Vergangenheit, die Ehre gaben und die Mechanik der Boliden noch Meister über die Elektronik war. 1994 war dann auch das letzte Jahr des amerikanischen Fast Pony – in Anerkennung der Leistungen bekamen die Ruch Brüder von Norbert Haug eine AMG Mercedes C-Klasse und fuhren 95 noch ein weiteres Jahr in der Tourenwagen-Meisterschaft. Unvergessen aber bleibt der Sound der Mustangs und diesen dürfte man auf der ein oder anderen historischen Rennsportveranstaltung bald wieder zu hören bekommen – denn der Mustang wechselte im vergangenen Spätsommer den Besitzer innerhalb Berlins und erfreute sich nach 25 jährigem Dornröschenschlaf bereits einer Revidierung im Fuhrpark von MK Mücke Motorsport Classic.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Das Auto ohne Grenzen
Neulich sah ich bei einem Freund auf dem Hof ein Gefährt, das ich nahezu vergessen hatte. Es war kein Cisitalia, Betone oder eine andere seltene automobile Nadel im Heuhaufen – es war ein Citroen Visa. Wann ich zuletzt einen in freier Wildbahn gesehen hatte – ich konnte es nicht sagen, aber der kleine Franzose ist selten geworden. Ganze 12 Exemplare werden auf einer bekannten Online-Feilschplattform angeboten. Meine Neugierde war geweckt.
Anfang der 1970er Jahre suchte man bei Citroen nach Ideen für einen Nachfolger des 2CV – klein, günstig und simpel sollte er sein. Da Fiat für den 127er ebenfalls Ersatz suchte, konstruierte man gemeinsam drauf los. 1974 aber fand dieses Joint-Venture ein Ende, denn der angeschlagene Citroen Konzern suchte Schutz unter den Fittichen von Peugeot und beschritt den Weg zur PSA Gruppe. Optisch an den GS angelehnt, kam der 3,70 lange Winzling mit 4 Türen serienmäßig im September 1978 zur Welt. Den Versionen Special und Club, wie unser Protagonist, vererbte der 2CV sein luftgekühltes Motörchen – 2 Zylinder Boxer, aber um ganze 50 Kubikzentimeter erstarkt, wollten die 34 Pferdchen dennoch keine Rakete aus dem Entennachfolger machen und so traute man sich nicht mal ansatzweise das Leistungsgewicht zu berechnen, wenn vier normal genährte Europäer hinter den vier Türen Platz nahmen – ganz zu schweigen davon, das die Zuladung ganze 300kg betrug. Die Fuhre beschleunigte immerhin auf fast 130 km/h auch wenn es bis zur 100 bereits 30 Sekunden dauerte. Wer Ambitioniertes im Sinn hatte, griff zum Peugeot Motor – vier Zylinder, 1.000 Kubik und 50 PS – darüber lässt sich bei 770kg reden. Der Geheimtipp unter Kennern aber, war der 1,7l Dieselmotor. Kräftig und voller Drehmoment wurde für den schweren Motor der Vorderwagen umkonstruiert, sodass nun auch größere Benziner Platz fanden und die Freiheit auf Rädern beflügelten. Im Innenraum ging es sachlich zu. Zwar spürt man die Seitenneigungskräfte bei Kurvenfahrten ähnlich wie in einer Ente, Platz ist dafür aber in der kleinsten Hütte. Der berühmt berüchtigte „Bedienungssatellit“ mit dem die Konstrukteure auch dem Visa seine Eigenheit in Sachen Armaturen-Bedienung schenken wollten, setzte sich glücklicherweise nicht durch und so hat unser Modell aus dem Jahr 1986 wieder Hupe, Blinker, Licht und Co am ergo-logisch rechten Fleck. Bis zum Produktionsende im Oktober 1988 kamen noch unzählige Versionen und Ideen auf den Markt – von der Cabrio Limousine – dem Plain Air, über den GTi oder sogar einer 4x4 Version Milles Pistes – der Citroen Visa kannte scheinbar keine Grenzen. Diese zeigte ihm dann aber vielleicht die Ente auf, denn schlussendlich wurde sie zwei Jahre länger gebaut und überlebte damit ihren eigenen Nachfolger.
Text Ulf Schulz / Fotos Sven Dühring / Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Die unglaublichen 10.000
In dieser Woche ist etwas Besonderes passiert… die Oldtimer Youngtimer App hat die Schallmauer der 10.000 Abonnenten auf Facebook durchbrochen. 10.000 Menschen, die unsere Artikel lesen, 10.000 Old- und Youngtimer-Fans die uns folgen und mit denen wir gemeinsam diese schöne Leidenschaft teilen. Das macht uns mächtig stolz und die Freude darüber erinnerte uns an eine Geschichte, deren 10.000 Protagonisten sich damals sicherlich auch richtig freuten.
Es ist eine deutsch/ deutsche Geschichte – geschehen zwischen Wolfsburg und dem Politbüro der DDR. Ende der 1970er Jahre wollte die DDR Führung dem sozialistisch geprägten Mangel durch farbenfrohe Westwagen begegnen und ganz nebenbei einige Sparkonten um gebunkerte DDR Mark erleichtern. Kurzum fand man mit Volkswagen in Wolfsburg einen Deal – 10.000 VW Golf in einfachster Ausführung mit einem Gegenwert von 80 Mio. Mark gegen Tauschware. Richtig, ein Barter-Handel! Eine Delegation aus Wolfsburg fuhr dazu quer durch die DDR und suchte nach Dingen, die VW gebrauchen konnte. Am Ende fanden Blechpressen, Werkzeugmaschinen und sogar ein Planetarium von Carl Zeiss Jena, welches noch heut in Wolfsburg steht, den Weg in den Westen. Die Sage reicht bis hin zu Dresdner Stolle und Thüringer Bratwürsten die in der Wolfsburger Kantine zum Genuss gereicht werden sollten – belegt ist diese Mär aber nicht und es bliebe wohl nur die geschmackliche Erinnerung der Belegschaft aus damaliger Zeit zum Beweis.
Der Deal stand – VW produzierte die Wagen innerhalb von drei Tagen und im Januar 1978 rollten die ersten Golf per Eisenbahn über die Grenze. Weit verbreitet ist der Irrglaube das die Autos nun an die Obrigkeit und Bonzen verteilt wurden – der Arbeiter stand bei diesem „sozialistischen Werbeprojekt“ im Fokus und so hatte man beste Chancen wenn man eben Arbeiter und Bauer im Arbeiter und Bauernstaat war. Nur war den meisten der Preis schlichtweg zu hoch – anfangs verlangte man zwischen 30 bis 35.000 DDR Mark - im Vergleich – ein Trabi kostete um die 10.000,- Mark, ein Lada ca. 20.000,- Mark - aber neben dem hohen Preis hatten die Leute Angst vor Ersatzteil-Problemen und der Reparaturfreundlichkeit – der Preis wurde schon bald auf 24.000,- Mark gesenkt und die Fahrzeuge fanden ohne die lange Wartezeit zu ihren stolzen Besitzern.
Auch ich wurde in einem dieser 10.000 Golf groß – manilagrün versprach exotisches Flair – der 1,5l Dieselmotor mit seinen 50PS und dem herrlichen Nageln der Wirbelkammern sorgte auf langen Fahrten aber eher dafür, auf der Rückbank im Römersitz gut in den Schlaf zu kommen. Der kleine Wolfsburger hielt bis weit nach der Wende und schaffte auf seiner letzten Reise von Paris nach Berlin den Heimweg notgedrungen auch noch mit drei Zylindern – sein Charakter prägte meine Leidenschaft zu Autos und noch heut denke ich gern und dankbar an ihn. So dankbar wie wir es heute sind, dass es euch gibt. Bleibt uns gewogen, immer eine Handbreit Sprit im Tank und auf die nächsten 10.000!!!
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Turins schönste Kurven
Als Giovanni Agnelli, Gründer der Fabbrica Italiana Automobili Torino – den meisten unter Fiat geläufig, die Ford Werke in Detroit Anfang des vergangenen Jahrhunderts besuchte, muss er schwer beeindruckt gewesen sein – die Gedanken an eine solch moderne Fabrik importierte er direkt in die Heimat, nach Turin. Nachdem Grundstücke gekauft und einige sogar zwangsenteignet erworben wurden, plante Architekt Giacomo Mattè Trucco innerhalb weniger Monate im Jahr 1916 den 500m langen und fünf Stockwerke hohen Komplex, dessen Name Lingotto auf den vor Ort befindlichen Bauernhof zurück geht. Noch im selben Jahr begannen die Bauarbeiten.
1923 startet die Produktion – Fahrzeuge wie der Fiat Balilla oder das Mäuschen – der Topolino erblickten hier auf spektakuläre Weise das Licht der Welt. Clou der Fabrik war, dass im Erdgeschoss mit dem Fahrzeugbau begonnen wurde und in jeder Etage weitere Produktionsschritte erfolgten bis schließlich im fünften Stock das fertige Gefährt auf das Dach des Gebäudes fuhr. Dort angekommen, wurde jeder Wagen auf der einen Kilometer langen Strecke, welche durch zwei Steilkurven verbunden war, eingefahren. Stimmte etwas nicht, ging das Automobil direkt zurück in die Produktion.
Steht man leibhaftig in einer dieser Steilkurven, wird einem die Verrücktheit auf einem fünf Stockwerke hohen Haus erst nur noch bewusster. Ein jeder Fiat hat die Fabrik aber über die atemberaubend schöne Auffahrt verlassen – den direkten Weg vom Dach nahm glücklicherweise keiner.
1982 war es mit der Produktion vorbei – das Werk drohte als Industrie-Ruine, welches mittlerweile einen ganzen Turiner Stadtteil begründete, zu enden. Bürgerinitiativen machten sich stark, Architektenwettbewerbe wurde ausgeschrieben und 1989 wurde so aus dem Werk ein modernes Kultur- und Messezentrum mit Kinos, Hotels und Einkaufspassage. Auch heut kann man noch auf Tuchfühlung mit der magischen Geschichte des Werkes gehen und im NH Hotel übernachten – ein Muss für jeden Automobilisti. Zwar gibt es keine Führungen, aber um auf das Dach zu gelangen, empfiehlt es sich im Kunstmuseum Pinacoteca Agnelli den Aufzug zu nehmen. Der Eintritt kostet ca. 8 Euro.
Text Ulf Schulz / Fotos Ulf Schulz / Veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Das Oldtimer Netzwerk
Wie bei so vielen von uns, ist die Leidenschaft zu altem Blech tief verankert in unserer Kindheit zu finden. So auch bei Marco Wenzl (42). Sein Kinderzimmer war von oben bis unten plakatiert mit automobilen Träumen und das waren keinesfalls nur Wartburg und Saporoshez aus Ostblock-Produktion – wie man bei einer DDR-Kindheit unweit des Eisenacher Automobilwerks vermuten könnte. Es waren die scheinbar unerreichbaren Träume, die als Matchbox durch die West-Verwandtschaft über die innerdeutsche Grenze geschmuggelt wurden. Aus Träumen konnte nach Mauerfall Realität werden. Aber zunächst platzte für Marco der Traum Kfz-Mechaniker zu werden – die Diagnose – Schmiermittel-Allergie was wohl auch für einige andere Berufsgruppen Ausschlusskriterium sein dürfte. Marco wurde kurzerhand Fachinformatiker und später Versicherungsprofi, wo er seit 10 Jahren auch Oldtimer versichert und gründete 2012 auf der Leidenschaft zu Oldies und Computern kurzerhand das Oldtimer Netzwerk.
Das Oldtimer Netzwerk ist eine Facebook-Gruppe, die es zur Aufgabe hat, Gleichgesinnte an einen digitalen Stammtisch zu bringen, Veranstaltungstermine zu kommunizieren und die Welt ein wenig kleiner zu machen. Bis 2019 fanden sich über 6.000 Fans und Besitzer klassischer Fahrzeuge und die Gruppe wuchs stabil „nebenher“. Doch dann standen die Leute von Facebook vor der Tür – auf die ersten Mails reagierte Marco gar nicht und dachte das wäre Spam aber als dann ein Anruf kam, war die Neugier geweckt. Kurzum – Facebook schob die Werbekampagne „Mehr gemeinsam“ an – eine Aktion in der Facebook seine Gruppen und Communitys bewerben und dem eigentlichen Sinn der sozialen Netzwerke Boden geben wollte. Marcos Gruppe war dabei ins Visier der Netzwerker geraten – gute Gruppendynamik, stabiles Wachstum, deutscher Name – nach einer Prüfung aller Inhalte und des Gründers ging es los – es entstand ein emotionales Plädoyer bzw. Werbevideo mit Alicia, der Tochter des Berliner Porsche Spezies Thomas Lundt für das, was unsere Liebe zu altem Blech ausmacht – nämlich neben den Autos die Menschen die uns umgeben, mit denen wir fachsimpeln, philosophieren, schrauben – so wie die Menschen im Oldtimer Netzwerk. Dieses wuchs danach rasant und konnte seine Mitgliederzahl auf aktuell über 15.000 Mitglieder erweitern. Dabei ist die Durchmischung das Salz in der Gruppe – aus jedem Alter finden sich Enthusiasten – von 18 bis über 70 Jahren sind alle dabei.
In Zeiten von Covid Beschränkungen sind solche Gruppen wie unsere Oldtimer App oder eben das Oldtimer Netzwerk umso wichtiger und dabei bleiben die Menschen nicht nur im Austausch. Aktuell erlebt man im Oldtimer Netzwerk jeden Tag einen virtuellen Museumsrundgang. „So lernen wir alle die verschiedenen Ausstellungen kennen, besuchen diese nach der Corona Zeit und helfen damit, dass diese Museen überleben“ – so Marco Wenzl. Selbst eine eigene Damengruppe hat sich schon aus dem Netzwerk abgeleitet – gegründet wurde diese, wie könnte es anders sein, am Valentinstag. Bei Ladies Classic Driver vereinen sich ausschließlich blechliebende Damen und werden auch von diesen moderiert – erstaunlich einzigartig bisher. Und um das Oldtimer Netzwerk Werbe- und Verkaufsfrei zu halten wurde am vergangenen Karfreitag – Achtung Wortwitz – in Kooperation mit dem Classic Trader der Oldtimer Netzwerk Marktplatz eröffnet – hier darf angeboten werden was das liebe Blech hält – ob Ersatzteile oder ganze Autos – Hauptsache klassisch ist die Devise. Vielleicht begegnet Marco dann auch seinem Traumoldie – ein EMW 327 – die Eisenacher Wurzeln lassen sich eben nicht leugnen, seine heimliche Liebe gilt nämlich den Vorkriegern auch wenn aktuell seine ganze Aufmerksamkeit einem 311er Rundheck-Wartburg gilt, mit dem er noch viel vorhat. Was genau? Fragt ihn doch einfach bei einer Stammtischrunde im Oldtimer Netzwerk.
Text - Ulf Schulz / Foto Oldtimer Netzwerk / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Ein Hase namens Alvis
Als die Firma Firma Alvis Car and Engineering Company Ltd 1920 im britischen Coventry, dem Detroit der englischen Auto und Motorradschmieden, ihren ersten Wagen, den 10/30 vorstellte, schmückte ein schlichtes, auf dem Kopf stehendes rotes Dreieck mit dem Namen Alvis den Kühler. Bald darauf, montierten die ersten Kunden eigene Kühlerfiguren auf den Kühlerverschluss, getreu dem Vorbild der wohl bekanntesten und heut noch quicklebendigen Kühlerfigur, der Spirit of Ecstasy, welche Rolls Royce seinen Fahrzeugen seit 1911 mit auf die Reise gab. In Coventry blieb das nicht lange unbemerkt und so entschied man sich, serienmäßig eine Kühlerfigur zu verbauen. Zeugte solch eine Figur doch vom Markenbewusstsein und der Wiedererkennung. Dabei waren der Fantasie und auch dem Humor der Hersteller kaum Grenzen gesetzt – ob Tiere, Menschen oder die in Deutschland wohl bekannteste Figur – der Mercedes Stern – erst mit dem echten Einsetzen der Massenmotorisierung ab Ende der 1940er Jahre fielen die meisten Figuren so langsam aber sicher der ökonomischen Notwendigkeit aber auch dem Fußgängerschutz zum Opfer, verursachten die starren Maskottchen doch schwere Verletzungen bei Unfällen. Im April 1959 wurden schließlich starre Kühlerfiguren in Deutschland per Gesetz verbannt und so bleibt der bewegliche gute Stern auf Fahrzeugen aus Untertürkheim eine Hommage an die Zeit der Anfänge des Automobilbaus.
Unser Alvis Hase verdankt seinen Platz auf dem Kühler jedenfalls mindestens dem Humor der britischen Konstrukteure der damaligen Zeit – warum ein Hase ist nicht wirklich überliefert, vielleicht weil Meister Lampe im alten Duell zwischen Hase und Igel ein unermüdlicher Dauerläufer war oder er eben einfach gut und knackig aus der Ecke kam. Aber Humor musste in jedem Fall eine Rolle spielen, wie sonst lassen sich Wachteln auf Ford A Modellen oder Elefanten von Rembrandt Bugatti, dem Bruder des großen Ettore auf dem Bugatti Royale erklären.
Nach dem Hasen kam für Alvis, deren Name sich aus Al für Aluminium und Vis, was lateintisch für Kraft steht, ab 1930 der berühmte „Alvis Eagle“, der Adler, der den meisten geläufiger sein dürfte als das Löffelohr. Den Alvis Firefly zierte aber, wie könnte es anders sein, ein Glühwürmchen. All diese Figuren wurden von AE Louis Lejeune, London, hergestellt und heut solch einem Hasen in freier Wildbahn zu begegnen ist fast so schwierig, wie den leibhaftigen Osterhasen am kommenden Sonntag zu erwischen – nur gibt es ersteren wirklich.
Wir wünschen allen trotz der Umstände, ein schönes, sonniges und erholsames Osterfest.
Text Ulf Schulz / Foto Tom Schwede / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Tu Gutes und dir wird Gutes begegnen - die Oldtimerspendenaktion 2020
Wer uns folgt, hat sicherlich die Übergabe der Fahrzeuge an die Gewinner der Oldtimerspendenaktion im Februar in den heimeligen Hallen des PS-Speicher gesehen und schon bei diesen Fahrzeugen konnte man sich in den Allerwertesten beißen, hatte man es verpasst sich ein Los zu sichern.
Nach der Oldtimerspendenaktion ist nun zum Glück aber irgendwie wieder vor der Oldtimerspendenaktion der Lebenshilfe Gießen und so stehen erneut zehn frisch polierte Oldies in den Startlöchern, die bis zum 20.01.2021 die Herzen der Menschen erobern und deren Portemonnaies öffnen sollen.
Reinhard Schade und Tina Gorschlüter sind auch solche zwei Herzen – vom Kopf bis Fuß auf Lebenshilfe eingestellt, sind die Zwei aus der Oldtimerszene nicht mehr wegzudenken und so schaffen sie es nun bereits zum 26. Mal, Menschen zu überzeugen eben ihren Oldie für die gute Sache zu spenden und danach Lose unters Volk zu bringen.
Nun aber seid ihr gefragt und könnt spenden was das Zeug hält – zuvor möchten wir euch jedoch den Mund wässrig machen und die zehn Fahrzeuge näher vorstellen.
Fangen wir mit der kleinsten Anzahl der Räder an - die Zündapp Bella mit ihren 11PS beförderte ab Mitte der 50er Jahre nicht nur vortrefflich zur Arbeit, auch der Italienurlaub war drin, zuckelte sie doch zuverlässig mit Partnerin und Gepäck über den Brenner. Nur vor den Lüftungsschlitzen musste sich die Damenwelt vorsehen, denn kam man diesen mit dem Rock zu nah, liftete dieser prompt im Marylin Monroe Stil. Luftig geht es auch im frechen Panda zu, denn der ist schlichtweg oben ohne – das Schweibö-Cabrio ist eine echte Seltenheit und daneben noch quietschbunt. Der Chrysler Le Baron ist wohl der Hipster unter den Oldies – mit wenigen Kilometern auf dem Tacho, wurde dieser schneeweiße Cabriotraum aus der Alpenrepublik Österreich gespendet. Ein güldenes Wägelchen hat es direkt in Reinhard Schades Herz geschafft – der Golf I Automatik wurde von einer älteren Dame ganze 18.000km bewegt und ist irgendwie trotz des betagten Alters jungfräulich – solches Gold macht sogar in schweren Zeiten Spass.
Formidabel präsentiert sich da der letzte handgemachte Mercedes. Ein 280 SE / W111 Coupe in vollrestauriertem Zustand ist ein echter Hauptgewinn. Very British geht es dagegen im Triumph Spitfire zu – mehr echtes Roadsterfeeling geht nicht und das auch noch in einem traumhaften Zustand. Der kleine Feuerspucker hat sogar ein nagelneues Verdeck. Aus Köln sind ein Ford Escort Cabrio sowie ein Taunus am Start und so gewöhnlich ersterer auch klingen mag – wann habt ihren zuletzt einen gesehen? Der Taunus 20MS V6 mit 90 PS ist da schon aus anderem Holz, denn er wurde von keinem geringeren gespendet, als vom Großmeister des Kabaretts persönlich, Urban Priol – Kult als Auto und Kult als Vorbesitz! Eher Frankophil unterwegs? Kein Problem - Simca ist mit seinem ersten eigenständigen Modell, der Simca 9 Aronde mit von der Partie und versprüht ordentlich Savoir-vivre das man auch bei der Mille Miglia spüren dürfte, denn sie wäre für die Rallye der Rallyes zugelassen. Und schließlich gehört in jede gute Stube ein Mercedes W123 240D – krisensicher fährt der zur Not auch mit Rapsöl und von Elektrik ist bis aufs Vorglühen und den Anlasser auch kaum eine Spur. Der Wagen zählt mit seinem Baujahr 1976 zur Serie 0,5 und erhielt ab Werk damals so ziemlich alles was das Herz begehrt – Schiebedach, Anhängekupplung – die perfekte Work Life Balance würde man heut sagen.
Kann keiner sagen, da wäre nichts dabei – so bunt und fröhlich die Fahrzeugmischung, so herzlich werdet ihr auch in diesem Jahr auf Reinhard Schade, Tina Gorschlüter und das Team der Lebenshilfe Gießen stoßen, die unterwegs sind und Lose verkaufen. Das schönste dabei – es gibt keine Verlierer und nur Gewinner denn tue Gutes und dir wird Gutes begegnen…
Und das geht sogar direkt hier und jetzt – einfach mindestens 5,-€ oder mehr an nachfolgende Bankverbindung mit eurem Namen und der Anschrift als Verwendungszweck senden und schon seid ihr dabei:
Konto Sparkasse Gießen
Empfänger: Lebenshilfe Gießen e.V.
Bank: Sparkasse Gießen
IBAN: DE38 5135 0025 0200 6260 00
BIC: SKGIDE5FXXX
Ab einer Spendenhöhe von 50,- EURO erhaltet ihr automatisch eine Spendenbescheinigung. Wir drücken euch die Daumen und vielleicht sehen wir uns ja bei der Übergabe der nächsten Gewinnerfahrzeuge im Februar 2021!
Mehr Infos zur Arbeit der Lebenshilfe auf: www.oldtimerspendenaktion.de
Text - Ulf Schulz / Foto Lebenshilfe Gießen e.V. / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Buena Vista Moto Club
Selbst entspannte Gedankenreisen sind außerhalb des im Minuten Takt aktualisierten Nachrichtenstroms dieser Tage manchmal begrenzt – grenzenlos scheint dafür aber der Oldtimerhimmel über Kuba. Nehmen wir also Platz auf der Rückbank eines Chevy Bel Air und lassen uns durch ein Land treiben, welches für den Inbegriff karibischer Lebensfreude steht. Heiße Rumba-Rhythmen, paradiesische Sandstrände, Städte wie Havanna, Trinidad oder Cienfuegos, in denen man spürbar die Luft der Kolonialzeit atmet sowie unglaubliche Landschaften und die Herzlichkeit der Einwohner machen die Insel zur wahren Königin der Antillen.
In dieser Mischung scheinen die wundervollen Oldtimer ob Buick, Cadillac, Chevrolet, Chrysler, Ford, Oldsmobile, Plymouth oder Studebaker wie eine perfekt arrangierte Filmkulisse eines Hollywood Streifen aus den 1950er Jahren, doch der wahre Grund für die ca. 60.000 Fahrzeuge die wie Zeitzeugen noch heut durch Kuba streifen, ist viel simpler.
Vor Fidel Castros sozialistischem Wirtschaftsstaat, während des Batista Regimes, blühte der Kapitalismus und der importierte eben auch die chromblitzenden Kunstwerke amerikanischer Autohersteller für wohlhabende, auf der Insel lebende Amerikaner. Ende der 1950er Jahre war damit Schluss – Fidel kam an die Macht und es folgte ein Handelsembargo, welches nicht nur den Weg für neue Autos versperrte, sondern auch keine Ersatzteile mehr ins Land ließ. Um die alten Kisten am Leben zu halten, ersetzten kurzerhand Teile und Motoren aus dem Ostblock das, was in den alten Amerikanern kaputt ging und so ist es heut kaum mehr möglich, ein vollständig originales Auto aus dieser Zeit auf Cuba zu entdecken. Die Chance, der wirren Kombination eines Lada Motors in einem Studebaker zu begegnen, ist dafür ungleich größer. Dem Charme möchte man meinen, war dieser Frevel fast zuträglich. Die hohen Benzinpreise aber machen es den Kubanern auch dieser Tage schwer, die Dinosaurier am Leben zu halten. Bis vor kurzem war es nur Einheimischen vorbehalten Oldtimer zu fahren – mittlerweile können Ausländer zwar Fahrzeuge kaufen, der Export ist aber weiterhin untersagt. Vielleicht auch gut so, denn so bleibt das kulturelle Erbe in all seiner speziellen Farbenpracht erhalten, denn was wäre Kuba ohne Oldtimer?!
Text - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Eine Schwalbe fährt in den Sommer
Zwischen all den tagtäglichen Schwierigkeiten die uns die aktuelle Situation schafft, erhielt ich vor ein paar Tagen eine WhatsApp Nachricht eines Freundes. Es war keine dieser weitergeleiteten Belustigungen über die Hamsterlaune einiger Landsleute in Sachen Toilettenhygiene, sondern ein Bild einer gerupften Schwalbe, abgestellt in einem Schuppen mit der Unterschrift – „Schau mal was ich gefunden habe.“. Sofort hatte ich ein Lächeln im Gesicht. Zwar ist der Scheunenfund einer Schwalbe, gerade östlich der Elbe bei weitem kein seltener Sensationsfund, dennoch freut es einen aber wie ein kleines Kind, wenn man hinter ein paar alten Brettern plötzlich Vaters 50 Jahre alten Roller wiederentdeckt. Ein kleiner Archäologe steckt wohl in einem Jeden von uns. Die tundragraue KR 51/1 aus 1969 hatte in jedem Fall schon bessere Tage gesehen. Ihr Urahn, die Simson Schwalbe KR50, erblickte 1958 das Licht der Welt im Thüringischen Suhl. Dabei stand das KR für Kleinroller und die 5 für den Nennhubraum. Während auf westlicher Seite Goggomobil und Isetta antraten, das Volk zu mobilisieren, experimentierte man in Leipzig, Suhl und anderswo an wirtschaftlich zuverlässigen Kleinrollern um den und die Arbeiter/in günstig und individuell an den Platz der sozialistischen Produktion zu befördern. Kurzum - der Simson KR50 wurde der erste Kleinroller der DDR und war eine Mischung aus Mokick und Roller. Erst satte 28 Jahre später wurde das Grundprinzip mit dem Simson SR50 abgelöst, der dann selbst im wiedervereinigten Deutschland bis 2002 gebaut wurde.
Die Schwalbe war eine Erfolgsstory - ihr irgendwie zeitloses Design, ihre Zuverlässigkeit und die unkomplizierte Technik waren jedenfalls der Stoff, der die Schwalbe bis heut zum Kultobjekt gemacht hat. Über eine Million Mal produziert, düsen heut noch über 150.000 Stück auf den Straßen umher und das ist nicht nur pure Ostalgie. Wer sie einmal gefahren ist, ist ihr erlegen – egal aus welcher Himmelsrichtung der Wind weht…
So weit, so Kult – die zumindest optische Erfolgsgeschichte flackerte Mitte 2017 plötzlich wieder auf als knallorange E- Roller im Schwalbenkleid das Straßenbild Berlins zierten. Im polnischen Breslau produziert die Firma Covecs seither die Elektroschwalbe die nach den aktuellen Gesetzen bis 45km/h flott ist und je nach Akku bis 125km Reichweite hat.
Das interessiert unseren Archäologen Marcel, der vor einer Woche seine ganz persönliche Schwalbenentdeckung gemacht hat, wenig. Marcels Herz lassen gewöhnlich blubbernde amerikanische V8 Motoren aus Chevelles oder El Caminos höherschlagen. Der gebürtige Marwitzer machte seine Liebe zu altem Blech zum Beruf, strahlte mit Trockeneis zuerst Bauwerke und irgendwann jeden Unterboden ob Ami, Young- oder Oldtimer bis er schließlich eine eigene Werkstatt für eben diese eröffnete.
Und da Glück mehr wird, wenn man es teilt, organisiert er seit 2014 immer im September einen herzlich echten Saisonabschluss für Classic Cars in Marwitz, vor den Toren Berlins. Zu diesem hofft Marcel, werden auch in diesem Jahr viele schöne Schwalben einen wundervollen Sommer gemacht haben und sich bei ihm vom 26.-27. September 2020 treffen.
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Mit dem Schlitten zur Retro Classics
Dicke weiße Flocken wehen über den Vorplatz der Stuttgarter Messe – endlich Winter! Aber das hält im Ländle niemanden ab, seinen schmucken Oldie wie in jedem Jahr genau vor dem Eingang parken zu dürfen. Es ist Retro Classics Zeit und damit öffnete gestern die größte Messe für Fahrkultur ihre Pforten und verwöhnt den geneigten Automobilisten mit tausenden von Träumen bis einschließlich Sonntag.
Wir waren zur Eröffnung vor Ort und konnten uns einen Überblick verschaffen. Bereits für die Ausstellung im Foyer lohnte der Trip nach Stuttgart – die „ROFGO Heritage Collection“ wird man so kein zweites Mal zu Gesicht bekommen denn was der Unternehmer Roald Goethe hier zusammengetragen hat, ist mindestens so spannend wie die italienische Reise seines literarischen Namensvetters. Vor 10 Jahren fing er an die Sammlung der Rennwagen aufzubauen, deren auffällige Lackierung die Marke des Erdölkonzerns wiedergibt und heut über 40 Exemplare zählt. 27 davon sind auf der Retro Classics ausgestellt – Verweildauer verkehrsministerial garantiert, denn Abends schaute sich Verkehrsminister und Parlamentskreis Automobilies Kulturgut Gründungsmitglied Andreas Scheuer höchstpersönlich die Ausstellung an und sah begeistert aus.
Nicht weniger prominent ging es in Halle 1 zu – Legende Walter Röhrl, der bei dem Schneetreiben vor der Haustüre wohl nur die Rallye Monte Carlo im Kopf hatte, enthüllte im Blitzlichtgewitter Recaros neue Sitzlinie – feinstes Gestühl im Retro Look vom Rallyegott höchstpersönlich geadelt mit anschließender Signierstunde. Mehr ging eigentlich nicht, dabei war das erst der Anfang.
Die Hersteller Porsche und Mercedes zeigten sich elektrisiert und stellten ihre Elektropioniere in die erste Reihe – der Lohner-Porsche von 1900 mit Radnabenmotor und Hybridantrieb und Mercedes-Benz den EQA von 2017 – mehr als 100 Jahre dazwischen – die technische Idee im Prinzip gleich.
An mobilen Zuffenhausener und Untertürkheimer Zeitzeugen mangelte es aber keineswegs – auch in diesem Jahr stellen sie die breite Front der Exponate. Für Abwechslung sorgen in den restlichen Hallen aber die vielen Clubs und Sonderausstellungen. Ein 911er fiel allerdings auf – der älteste seiner Art – die Nummer 57 erblickte 5 Wochen nach Produktionsstart das Licht der Welt und kann noch von den Namensstreitigkeiten zwischen Peugeot und Porsche ein Liedchen singen – umso schöner seine schnörkellose Grundlinie und die Chromradkappen.
Von Kunst bis Goggo Transporter, von Ghia bis vermeintlich unrettbarer Pagode – es gibt viel zu entdecken in den großen Hallen der Retro Classics und dafür bleibt glücklicher Weise noch bis Sonntag Zeit. Die Anreise mit dem Schlitten wird empfohlen.
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
And the winner is...
Was im Titel anklingt, als möchten wir live vom roten Teppich aus Los Angeles die Preisträger des Oscars bekannt geben, ist in Wahrheit etwas noch viel Größeres. Denn das, was die Lebenshilfe Gießen mit ihrer Oldtimerspendenaktion seit 25 Jahren an Arbeit leistet, ist mit den begehrten goldenen Trophäen der Filmwelt nicht aufzuwiegen. Zur Preisübergabe der Oldtimerspendenaktion 2019 traf sich die Oldtimerfamilie vergangene Woche Dienstag, den 18.02.2020 im herzlichen Ambiente des PS-Speichers in Einbeck. Wer es verpasst hatte, sich im letzten Jahr eines der Lose zu sichern die Reinhard Schade, Tina Gorschlüter und Team liebe- und mühevoll unters Volk gebracht hatten, konnte sich beim Anblick der neun hochpolierten Fahrzeuge in jedem Fall ordentlich in den Allerwertesten beißen.
Fing der Reigen noch recht bescheiden mit einem Viktoria Moped an, forderte der vom PS-Speicher gespendete BMW 525 mit seinem eta Motor schon erhebliche Aufmerksamkeit und als sich diesem zur Seite stehend ein Jaguar MKII sowie ein Bentley T1 im Spotlicht rekelten, kam man unweigerlich auf die Idee, einen Monatslohn in Lose investieren zu wollen.
Wie bei einer richtigen Filmverleihung, durften auch die Stars nicht fehlen und so war der Hauptpreis ein Mercedes-Benz 180 C, der in seiner Vita in Form des Fahrzeugbriefes als letzten Eintrag keinen geringeren als Günther Jauch zitieren durfte.
Fernab von Prominenz und Adel eroberte aber ein kleiner roter Kerl mit griechischen Wurzeln die Herzen des Publikums. Der tip-top restaurierte Innocenti Mini aus 1975 war wohl der heimliche Favorit bei allen Loskäufern. Daneben fanden ein knochiger Escort, ein Golf I Erdbeerkörbchen und ein spritziger Peugeot 205 GTI zu ihren glücklichen Gewinnern.
Die Oldtimerspendenaktion 2019 hat mehr als 1,3 Millionen Euro erbracht, die in die Arbeit der Lebenshilfe Gießen fließen. Wir sind stolz auf die Leistung, die das Team seit nunmehr 25 Jahren mit Herz und Leidenschaft zeigt sowie auf die Partnerschaft die uns verbindet und wünschen allen Gewinnern immer eine Handbreit Sprit im Tank!
Sie wollen auch solch einen tollen Oldie gewinnen oder einfach nur Gutes tun – die Oldtimerspendenaktion 2020 ist Ihre Chance! Schon ab 5 EUR sind Sie dabei – mehr unter www.oldtimerspendenaktion.de
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Rendez-vous in Paris
2., 3., 4., Gang… Drehzahl kurz vor dem Begrenzer, Kurve, runterschalten… der Sound eines Ferrari 275 GTB. Wer die ersten Sekunden in Claude Lelouch´s Kurzfilm sieht, reibt sich die Augen – denn der Zuschauer befindet sich nicht etwa auf der Rennstrecke in Le Mans sondern mitten in Paris an einem Sonntagmorgen im August 1976. Was cineastisch unter „C'était un rendez-vous“ (dt: Es war eine Verabredung) weltruhm unter Benzinjüngern erreichte, war eine Höllenfahrt durch Paris, die selbst Steve McQueen in Bullit aussehen lässt, wie einen Fahranfänger. In 7 Minuten und 52 Sekunden fliegt der Pilot mit 110 km/h über den Champs Elysee und wird von einer, die letzten Stufen aufsteigenden jungen Frau, vor der Kirche Sacré Coeur freudestrahlend empfangen. Allein beim Zuschauen sucht man den Anschnallgurt…
Auf der 45. Ausgabe der Retro Mobile Paris sollten sich die Synapsen des Besuchers mindestens ebenso gut anschnallen. Denn was diese Oldtimermesse bietet lässt den Pulsschlag in die Höhe schnellen. Ist man erst mittendrin, fällt es einem schwer sich zu konzentrieren – Aston Martin DB4 GT Zagato hier, Ferrari 275 GTB dort, Lancia Stratos, Facel Vega, Delahaye, Bizzarini, McLaren, Shelby, Bugatti EB 110, Williams und Ferrari Formel I und über zehn Lamborghini Miura, scheinbar in jeder jemals produzierten Farbe. Das Gehirn meldet Reizüberflutung und der Blick geht auf den Kalender, suchend nach einer Möglichkeit den Besuch in Paris von einem auf drei Tage auszudehnen.
Ein Tag allein ginge für die unfassbare Alfa Sammlung des Schweizer Händlers Lukas Hüni drauf. Zu 110 Jahre Alfa Romeo, hatte dieser sich etwas besonderes einfallen lassen und 20 Fahrzeuge der Mailänder Marke ausgestellt. Vom Alfa P3 von 1932 über diverse 8C ob Monza oder 2300 über den Alfa Romeo SF48 Bimotore von 1935 der, wie der Name sagt einen Motor vorn und einen hinten besitzt, bis hin zu Nachkriegspräziosen wie dem Alfa Romeo 2000 Sportiva Prototipo von 1954 oder einem stürmischen Rennwagen wie dem Alfa Romeo 33 T3 von 1974. Ein Espresso dazu und man ist im Autohimmel - Mille Grazie und weiter geht’s…
Im Gedränge erweckt ein Franzose aus Molsheim das Interesse – ein unfassbarer Bugatti Typ 59 Sport von 1934 aus dem belgischen Königshaus zeigt stolz jeden Steinschlag, jeden Kratzer und wirkt dabei immer noch so elegant, dass selbst Ettore seine helle Freude an seinem gealterten Schützling hätte. Versunken in den Details dieses Wagens holt eine Preisinformation von nahezu 12 Millionen Euro wieder auf den Boden der Tatsachen und macht nach so viel Träumerei, Lust auf Greifbares.
Die Tatra Ausstellung kommt da gerade recht. Über 100 Jahre bauten die Tschechen Fahrzeuge, die heute noch für ihre teils skurrilen Formen bekannt sind und damit so herrlich anders waren als der Mainstream. Ob ein Tatra 87 von 1937 oder ein 603 aus Mitte der fünfziger Jahre - die luftgekühlten V8 Heckmotoren machten den Eindruck, als könne man mit ihnen bis zum Mond fliegen. Von Bodenhaftung also wieder keine Spur verspricht ein Schild mit der Aufschrift „Voitures moins de 25.000 EUR“ den Wiedereintritt in die Atmosphäre. In der neu eröffneten Halle 3 tummeln sich unzählige Schätze für weniger als 25.000 EUR und was sich hier findet ist alles andere als langweilig. Triumph GT6, Mini Clubman, Peugeot 205 GTI, diverse MGB oder ein Midget Ashley GT – die Qual der Wahl und kaum interessiert ein Angebot näher, winkt von weiter hinten ein scheinbar noch interessanterer Kandidat. Eine Auswahl von vier Fiat 500 ist farblich so treffend zusammengestellt, dass man am liebsten mindestens zwei mitnehmen würde, um das bunte Treiben auch noch in der heimischen Garage wirken zu lassen.
Erfrischend herzlich geht es auch an den Clubständen zu. Fachsimpeln, ein Schluck Crémant neben altem Blech – das ist „Savoir-vivre“ in Reinkultur!
Bodenhaftung erreicht? Fast… wäre da nicht die Bertone-Prototypen Sonderausstellung des Automotoclub Storico Italiano – kurz ASI. Im September 2015 erwarb der ASI die historische, insgesamt 79 Objekte umfassende Sammlung von Carrozzeria Bertone bei einer Versteigerung und zeigte ausgewählte Exemplare wie den Volvo Tundra - der später als Citroën BX in Serie ging. Ein Chevrolet Ramaro oder ein Ferrari Rainbow lassen ganz nebenbei manches Design, welches heut als futuristisch gilt aussehen wie einen alten Hut aus den 70ern. Bravissimo!
Die Grenze der Aufnahmefähigkeit ist längst erreicht und wenn man sich überhaupt noch was wünschen wollte, erinnert eine zum niederknien schöne Brough Superior, die einst Lawrence von Arabien durch die Wüste schob, daran das wenig Einspuriges zu sehen war, abgesehen davon das man es hätte eh nicht mehr verarbeiten können.
Unser Rendez-vouz in Paris, eine Hetzjagd über die Messe wie im Film von 1976 mit allem was man braucht – Adrenalin, Geschwindigkeit, Synapsen-Kollaps und am Ziel Schmetterlinge im Bauch. Merci mon chérie, au revoir!
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Bremen, Beck´s und Buddelschiff
Läuft man über die Messe der Bremen Classic Motorshow, man könnte meinen, es gab ein Jahr lang keine Oldtimer zu sehen. Die Gänge sind an diesem Freitag morgen bereits gut gefüllt, überall wird gekiekt und geschnackt wie man in Bremen sagt und dazu gibt es auch gute Gründe. Die Bremen Classic Motorshow lässt die Oldtimersaison als erste Messe im Jahr
bereits zum 18. Mal starten und irgendwie passt die norddeutsche Frische zum Beginn des noch jungen Jahres.
Kaum angekommen, zieht es auch schon wieder nach draußen, ins Parkhaus der Messe, denn der Privatverkäufermarkt offeriert nicht nur Bandbreite vom Käfer bis zum Maserati, sondern überrascht auch mal mit dem ein oder anderen besonderen Gefährt abseits des Mainstreams. Neugierde zieht ein MGB GT im Sebring Look auf sich – unter seiner GFK Haube versteckt sich ein mächtiger 4,2l V8 dessen Potential man mit 980kg Körpergewicht des Sportlers, grinsend erahnen kann. Mehr Sportwagen geht nicht für 15.900, - EUR, allerdings auf 07er Kennzeichen.
Ein zweiter V8 zeigt sich am Ende des Parkhauses etwas zurückhaltender, dafür aber um Welten skurriler – ein Rover P6 3500S. Poppiges 70er Jahre Türkisblau, Chrom, Vinyldach - unter der Haube der berühmte 3,5l Alu V8, der sich in der „S“ Version mit einem Schaltgetriebe verheiratet hat. Ein Auto wie es eigentlich nur im Traum entstehen kann, denn sein Charakter entspricht einem bunten Potpourri der Gene, von Jaguar bis Citroën.
Mit einem breiten Grinsen geht es zurück in die Hallen, getrieben von der Lust zu erkunden, welche Sonderausstellungen sich die Bremer Messemacher dieses Jahr haben einfallen lassen. Die Schau „Rivalen der Automobilgeschichte“ lässt sieben Paare im Boxring aufeinandertreffen, bei deren Betrachtung man direkt in den Autoquartett Modus einsteigt – Opel Manta oder Ford Capri, Lamborghini Miura oder Ferrari Daytona, F40 oder Porsche 959. Ein anderes Match wird auf der lebensgroßen Spurplatte einer Carrera Bahn ausgetragen – ein BMW M3 E30 schiebt seine Nase vor einen Mercedes-Benz 190E, die Konkurrenten der DTM schlechthin zu ihrer Zeit. Am Ende aber gewinnen alle - die Herzen der Besucher.
In der Sonderschau „70 Jahre Motorrollerkult in Deutschland“ reihen sich quirlige Vespas im Erdumrunder-Outfit neben ein Maicomobil-Bender Gespann oder nimmt es ein braver Heinkel Tourist mit der gigantischen Sissybar einer Metalflake Vespa auf – bunt, informativ und mit Liebe zusammengetragen zeigt Bremen sein Herz für Einspuriges.
Und sonst so? Auf dem Stand von VW Classic Parts herrscht reges Treiben während vor den Augen der Besucher einem Karmann Ghia das 34 PS starke Boxerherz gezogen wird, die V8 Surfcars Ausstellung, organisiert von Helge Thomsen, dem Motor-Mann von Grip, bringt hawaiiane Träume an die Weser, die Clubs zeigen von der Isetta bis zur Wüstenente ihre Liebe zur automobilen Kultur und der PS Speicher verwöhnt die Augen mit einem unfassbar schönen Opel Admiral Reisekabriolett von 1939. Apropos Admiral – wir werden nach einem aufregenden Tag erinnert, langsam an Bord unseres Nachtquartiers zu gehen. Stilecht übernachten in einem echten Oldtimer. An der alten Schlachte hat es sich die erste „Alexander von Humboldt“, der grüne Segler aus der Beck´s Werbung eingerichtet und bietet Kojen mitsamt den Träumen vom weiten Meer. „Sail away, dream your dream“ - bevor es am nächsten Morgen wieder auf die Bremen Classic Motorshow geht, denn es gibt noch viel zu entdecken.
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Der Duft der neuen 20er
2020 prangte morgens in bedeutenden Zahlen
auf dem Bildschirm des Handys. Ein neues Jahrzehnt und in den Tagen vor Silvester vernahm man den Ruf der goldenen 1920er Jahre in
Erwartung auf das, was das Erbe der Dekade
vor 100 Jahren vielleicht versprechen mag.
Die 1920er standen ab ihrer Mitte für den wirtschaftlichen Aufschwung und die Blütezeit
der deutschen Kunst, Kultur,Wissenschaft und Mobilität. Ein Zeitalter ungeheurer Innovationen und es scheint, als ob Leben und Mobilität
untrennbar miteinander verbunden wären. Fahrzeuge wurden erschwinglich, kostete ein
Opel „Laubfrosch“ anfangs noch 4.500 Rentenmark, drückte das Fließband den Preis auf
mittelständische 1.930 Reichsmark.
Mit diesen Gedanken und einer fixen Idee also raus in den klaren und kalten Neujahrsmorgen.
Scheune auf und da wartet sie schon – eine FN 350 Sahara von 1928 – das wird ihre Dekade
– in 8 Jahren 100! Ihr gebührt die erste Ausfahrt der neuen 20er. Also Spritkanister her,
Vergaserdeckel auf und angießen, Choke öffnen und mit einem beherzten Tritt auf den Kicker
knattert die „Moulin Rouge“, deren Beinamen sie der freiliegenden Schwungscheibe noch vor der Durchquerung der Sahara verdankte, los.
Sahara? Die französischen Offiziere Bruneteau und Gimie planten 1927 auf Motorrädern die
Tanezrouff Wüste (ein Teilstück der Sahara) zu durchqueren und bis nach Dakar zu fahren. Was
heut klingt wie zwei hippe Werber, die ihren Job an den Nagel hängen um das große Abenteuer
zu suchen, war damals ein noch verrückteres Unterfangen als es das selbst heut noch mit
modernster Technik bei der Paris – Dakar ist.
Die M 70 war ein wirtschaftliches, technisch einfaches Modell, das später großen Absatz
fand und eben zur Massenmotorsierung beitrug. Der seitengesteuerte 350er Blockmotor
mit 9 PS und integriertem 3 Gang Getriebe saß in einem Zentralrohrrahmen. Das Kraftstoffgemisch bestellte ein französischer Gurtner Vergaser, den Zündfunken
ein Magnetzünder von Bosch. Die Druid-Gabel führte das Vorderrad und verzögert wurde
die Fuhre von Klotzbremsen, welche, wie auch der Satteltank nebst aufgesetztem
Werkzeugkasten, bereits Mitte der 20er Jahre als antiquiert galten. Über eine Trommelbremse
durfte sich der M70 Fahrer erst ab 1928 freuen.
Mit größeren Tanks, Tornistern und ihrem einzigen Begleiter, dem belgischen Mechaniker Joseph Weerens, der ebenfalls auf einer M70 fuhr, starteten die drei Anfang April und bereits
nur zwei Monate später konnten sie die glückliche Ankunft in Dakar nach Hause melden! Wer nun denkt, die Monsieurs bestiegen zur Rücktour die Eisenbahn, liegt kräftig daneben. Von Dakar
ging es per Schiff nach Casablanca, von dort wieder auf Achse nach Oran, von wo per Schiff
nach Marseille übergesetzt wurde. Die Heimfahrt durch Frankreich endete nach 8.000 KM
wovon allein 6.300 KM durch die Wüste verliefen, im belgischen Herstal, einem heutigen
Vorort von Lüttich – dem Geburtsort der Fabrique Nationale (FN).
Der Stolz dieser Leistung fand von nun an im Beinamen der M 70 als „Sahara“ seine Würdigung
und ein wenig Pioniergeist liegt auch an diesem Neujahrsmorgen des neuen Jahrzehnts der Luft. Mit beherzten Gangwechseln der Handschaltung und feinfühliger Zündverstellung geht es über
die brach liegenden Felder im Brandenburgischen. Die Knatterbüchse, ein Endschalldämpfer
der direkt vorn am Motorblock angesetzt ist, knattert seinem Namen zu Ehren durch die
jungfräuliche Stille des erwachenden Jahrzehnts, welches so frisch daherkommt, wie der
kalte Fahrtwind im Gesicht. Eine Frische die gern ein Jahrzehnt lang anhalten darf.
Text - Ulf Schulz / Foto - Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com
Eines der letzten echten
Winterabenteuer - Planai Classic!
Bevor sich das alte Jahr bei den meisten wohlwärmend am Kamin in heimeliger Atmosphäre
verabschiedet, schrauben Alexander
Haller (29) und sein Co-Pilot Lukas Lechler
in ihrer Berliner Werkstatt die Nächte
hindurch. Denn kaum hat das neue Jahr angefangen, gehen am 3. Jänner 52 Autos an
den Start einer Rallye, bei der eben diese bis spätestens 1972 das Licht der Welt erblickt haben dürfen.
Jänner, weil sie die beiden dort, wo sie sich mit ihrem Riley 12/4 Special von 1936 an
den Start stellen werden, die österreichische Planai mit ihrem Gipfel, 1.906 m über dem
Meeresspiegel herausfordern wird. Zum wohl letzten echten Winterabenteuer.
Gerade für Flachlandtiroler wie Alex und Lukas sollte man meinen, wurden geschlossene
Bürgerkäfige mit ABS, elektronischer Schlupfreglung und beheizten Lederlenkrädern
erfunden – die beiden Berliner allerdings, sind aus einem anderen Holz geschnitzt. Im letzten Jahr fuhren sie die Histo-Monte – mit ihrem offenen Riley. Und weil diese den Pneus schlicht
zu wenig Schnee bot, lechzten sie nach mehr der weißen Kristalle. Der Prospekt der
Planai-Classic versprach in schneereichen Bildern genau das, was die Jungs suchten.
Gedacht – getan! Winterausrüstung muss also her. Schneeketten für einen Riley von 1936?
Der Teilelieferant verdreht die Augen und Alex baut kurzerhand aus Lederriemen und
Kettengliedern 6 kleine Ketten je Antriebsrad, die er bei Bedarf einfach durch die Felgen
ziehen kann. Ein Satz Spikereifen ergänzt die Fuhre und schon geht’s auf die Autobahn in
die 850km entfernte Planai.
Als sie ankommen erwartet sie ein Tross aus Volvos, Käfern und Mercedes, ein einziger Wagen
unter Baujahr 1960 – ein formidabler Jaguar XK 140 SE aus 1954 – die Jungs grinsen –
den Klassensieg in der Vorkriegsklasse wird ihnen wohl kaum einer nehmen. Aber für die
beiden geht es um mehr als gewinnen – sie wollen sehen wie sich ihr englischer Patient
mit seinen 1,5 Litern Hubraum aus vier Zylindern im Schnee anstellt und ob Querfahren auch
mit einem Vorkrieger Spaß machen kann. Wie sich herausstellen wird – es kann – mächtig
gewaltig!
Am späten Nachmittag des Freitags gehen die 52 Teilnehmer an den Start zur ersten
Bergprüfung an der Dachsteinstraße. Ein Amuse-Gueule des Veranstalters mit dem,
was die Kontrahenten die nächsten zwei Tage erwarten wird – Schnee satt.
Unbeeindruckt aber mit einem Grinsen im Gesicht absolvieren unsere zwei Preußen die erste
Prüfung und finden sich am nächsten Morgen auf dem Alpenflugplatz Niederöblarn zur
Sonderprüfung wieder. Lichtschranken scheint es, sind ihre Welt und so erarbeitet sich
das Duo bis zum Samstagnachmittag stolz den ersten Platz. Allerdings warten nun die
Schnittprüfungen und die Traktion der Hinterräder treibt ein aberwitziges Spiel und gaukelt
dem Tacho mehr Kilometer vor als sie tatsächlich gefahren sind. Das kostet wertvolle Punkte
obgleich das Wetter mitspielt und es bei der diesjährigen Planai Classic weniger geschneit
hat als die Jahre zuvor.
Entschädigt werden die zwei Männer in ihrer tollkühnen Kiste, als sie bei der Sonderprüfung
am Sonntag auf der Trabrennbahn Gröbming von niemandem geringeren überholt werden, als vom
Sohn des Bergkönigs – Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck persönlich. Im VW Rallyegolf, der
außerhalb der Wertung fährt, schlittert „Strietzel“ in der Kurve der Trabrennbahn just in
dem Moment am Vorkriegs-Riley vorbei, als dieser sich zum Drift anstellt. Striezel grinst,
winkt zum Gruß und weg ist er...
Und weil das Beste meist zum Schluss kommt, geht es nun an die zwei Läufe der
Planai-Bergprüfung. Mensch und Maschine sind nochmals gefordert, der Riley schnurrt wie
geschmiert, die Fahrer dick eingepackt, einzig die Elektrik mag nicht mehr mitspielen und
versagt den Scheinwerfern den Dienst – typisch Engländer? Vielleicht, aber einer
Kontaktkorrosion, welche schnell behoben ist, hätte wohl auch ein deutscher Vorkrieger
in der Eiswüste nicht widerstehen können und so kommt das Trio Infernale schlussendlich
als 25ster von 52 Teilnehmern breit grinsend ins Ziel. Den Klassensieg aber verdanken sie
ihrem Mut und dem wundervollen Gefährt welches sie die letzten drei Tage durch die Planai
befördert hat – die Welt braucht mehr Vorkrieger und echte Winterabenteuer!
Foto – Planai Classic / Text – Ulf Schulz / veröffentlicht auf oldtimerapp.com